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"Denn um die Gelegenheit zur Paarung nicht zu verpassen, stürzen sich
die Männchen vieler Froschlurcharten normalerweise auf fast alles,
was etwa die Größe eines Weibchens hat. Bei ihrer Suche umklammern
sie deshalb auch andere Männchen und nicht selten sogar Bierdosen
oder tote Fische. Bei Rana arvalis wolterstorffi sind Fehlpaarungen
mit Männchen selten; als Grund kommt aus Sicht der Forscher nur das
Blau infrage, das offenbar vor solch vergeblicher Liebesmüh schützt."

(Quelle: http://www.firmenpresse.de/pressinfo233069.html)

Beitrag in der Geo.

Zur gesellschaftlichen Konstruktion von biologischem Geschlecht - Heinz-Jürgen Voß from Schwulenreferat Gießen on Vimeo.

(Die gezeigten Folien werden jeweils eingeblendet.) Herzlichen Dank nach Gießen!

Das eingehende Buch zum Thema: "Geschlecht: Wider die Natürlichkeit" (in der Reihe theorie.org; 180 Seiten, 10 EUR, ISBN 3896576631). Eine Übersicht der Rezensionen (zugänglich jeweils im Volltext) findet sich hier. Ebenfalls erschienen: "Making Sex Revisited: Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer Perspektive" (Transcript Verlag; 466 Seiten, 34,80 EUR, ISBN 3896576631). Zahlreiche Rezensionen (meist im Volltext) finden sich hier.

Nachdem die Äußerungen von Friedrich, der sich in seiner Antrittsrede zum Bundesinnenminister mit Ausführungen dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre gegen den Bundespräsidenten Christian Wulff wandte, auf breite Gegenwehr stießen, schlug Seehofer am heutigen politischen Aschermittwoch in die gleich Kerbe wie Friedrich: Der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Er führte gar die Aufklärung auf eine christlich-jüdische Tradition zurück. Indessen ist interessant, dass sich gerade die aufgeklärt zeigenden Europäer um 1800 ausdrücklich auf den Islam beriefen. Johann Wolfgang von Goethe studierte intensiv den Islam, Bettine von Arnim widmete eine ihrer Schriften ausdrücklich dem "Geist des Islam". Der bekannte, die Vernunft des Menschen betonende, Roman "Robinson Crusoe" aus dem 18. Jahrhundert, war eine späte Entsprechung einer von Ibn Tufail im arabisch-islamischen Mittelalter veröffentlichten Schrift, die die Vernunft des Menschen zentral gesetzt hatte: "Hajj ibn Jaqzan der Naturmensch". Weiterlesen » » » »

"Denn Gender Medizin ist heute, so wie sie meistens kommuniziert wird, eigentlich eine „Sex Medizin”, wie Expert_innen kritisieren. Der Fokus liege häufig auf biologischen Unterschieden, nicht jedoch auf sozialen oder strukturellen Bedingungen, wie es der Begriff Gender nahelegen würde."

Bettina Enzenhofer aus Wien hat einen differenzierten Beitrag zu Gender Medizin geschrieben. Enzenhofer arbeitet die Bedeutung solcher Betrachtungen heraus, thematisiert aber dabei auch, dass Gender Medizin Unterschiede nicht selten als quasi-natürlich voraussetze.

Der Beitrag findet sich hier, im Wiener Magazin an.schläge.

Manchmal lohnt ein Blick zurück, um zu sehen, wie dicht verflochten Wissenschaft und öffentliche Reaktionen sind. So führten wissenschaftliche Berichte über Parthenogenese (Jungerfernzeugung) dazu, dass sich sofort mehrere Frauen melden, die "beteuerten, Mädchen geboren zu haben, ohne zu der fraglichen Zeit Umgang mit Männern gehabt zu haben". Hier der Beitrag im Spiegel.

Umfassend geforscht zu Parthenogenese hat Kirsten Smilla Ebeling. In ihrem Buch "Die Fortpflanzung der Geschlechterverhältnisse. Das metaphorische Feld der Parthenogenese in der Evolutionsbiologie" (NUT-Schriftenreihe Band 9, Talheimer Verlag) aus dem Jahr 2002 arbeitet sie die biologischen Theorien zu Parthenogenese für unterschiedliche Arten auf - und macht auch die androzentrischen Erwartungshaltungen der Wissenschaftler sehr deutlich.

Zu letzterem sei an dieser Stelle auch die Arbeit von Bonnie Spanier "Im/Partial Science: Gender Ideology in Molecular Biology" (1995) empfohlen, die deutlich macht, wie selbst Austauschvorgänge von DNA bei Bakterien in der Molekularbiologie vergeschlechtlicht wurden, aus der eigenen Geschlechtswahrnehumg der Wissenschaftler heraus.

Eine der wichtigen Passagen - Mit „der dauernden Fortpflanzungsunfähigkeit hat der Gesetzgeber [im Transsexuellengesetz] eine unzumutbare Voraussetzung für die personenstandsrechtliche Anerkennung des empfundenen Geschlechts eines Transsexuellen gesetzt, soweit für die Dauerhaftigkeit der Fortpflanzungsunfähigkeit operative Eingriffe zur Voraussetzung gemacht werden. […] Die Fortpflanzungsfähigkeit des Menschen steht unter dem Schutz des [Artikel 2, Absatz 2 des Grundgesetzes] und ist Bestandteil des Rechts auf körperliche Unversehrtheit.“ (Abschnitt 68/69) --> Das volle Urteil beim Bundesverfassungsgericht.

“Sexuelle Gewalt in militärischen Konflikten: Männer und Frauen als Täter / Täterinnen und Opfer”
## Mittwoch, 16.03.2011, 19.00 Uhr, Pavillon (Hannover, Lister Meile 4)

Dr. Regina Mühlhäuser rückt in der Veranstaltung “Sexuelle Gewalt in militärischen Konflikten: Männer und Frauen als Täter / Täterinnen und Opfer” den zentralen Punkt in den Blick, der untrennbar mit Fragen um Geschlecht und Militär verbunden scheint. Es wird die sexualisierte, vielmehr sexuelle Gewalt in Konflikten gegenüber Frauen, Männern und Kindern thematisiert. Es werden Fragen nach den Opfern gestellt, – und es werden insbesondere die Täter und Täterinnen genau anvisiert: Wieso kommt es in militärischen Konflikten zu zahllosen sexuellen Übergriffen gegenüber der Zivilbevölkerung und gegnerischen Soldatinnen und Soldaten? Hängt dies mit soldatischen Identitäten zusammen, mit Machtbeweisen oder eigener Überforderung mit der gesehenen Gewalt? Ergeben sich hier möglicherweise Änderungen durch die Aufnahme von Frauen in Armeen, – und wenn ja, wie sehen diese aus? Nach dem Vortrag von Dr. Mühlhäuser wird ausreichend Gelegenheit für Diskussion sein.

Die Veranstaltung schließt die Reihe “Der Krieg der ‘Schwestern’ – Die neue Menschlichkeit des Militärs?” ab, die von Friedensbüro Hannover e.V. und DFG-VK Hannover, in Kooperation mit Stiftung Leben und Umwelt – Heinrich Böll Stiftung Niedersachsen und Rosa Luxemburg Stiftung Niedersachsen, veranstaltet wurde.

Weitere und aktuelle Informationen: www.frieden-hannover.de

Ich möchte Euch sehr gern auf einen sehr lesenswerten Vortrag zu Simone de Beauvoir auf der Homepage von Antje Schrupp aufmerksam machen. Weil es für dieses Blog hier besonders relevant ist, sei im Folgenden eine kurze Passage zitiert - aber sie wird selbstverständlich dem Beitrag nicht gerecht und so sei dazu eingeladen, ihn vollständig zu lesen!

"... Der eigentliche Kern ihrer [Beauvoirs; Anm. HV] „Entdeckung“ bestand darin, dass diese Tatsache der Frauendiskriminierung einen anderen Grund hat als den, der landläufig dafür angegeben wurde. Denn nicht die Natur oder ein weibliches Wesen oder eine gottgegebene Veranlagung der Frau ist ihrer Analyse zufolge die Ursache für die unterschiedlichen Geschlechterrollen, sondern Beauvoir zeigt, dass die Vorstellungen, die wir uns von „Frausein“ und „Mannsein“ machen, immer kulturell geprägt sind. Das Frausein, entdeckte Beauvoir, hat keinen irgendwie gearteten „Kern“, keine „Natur“, an der man sich orientieren kann oder muss, sondern es ist durch und durch sozial konstruiert: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ – so lautet ja auch der berühmte Schlüsselsatz aus dem „anderen Geschlecht“. ..."

Durch die heutigen Schlagzeilen geistert das Bild eines Sauriers - klar als "weiblich" ausgewiesen. Wie die Forschenden zu dieser Einordnung kamen und dann ihre weitreichenden Thesen ableiteten wird beiläufig genannt - "Da das Ei direkt beim Saurierskelett lag, schlossen die Forscher auf ein Weibchen." (hier; analog auch bei spiegel.de).

Das verweist aber äußerst spannend auf die Methoden archäologischer Geschlechtsbestimmung: Anders als oft im Populärwissen vorausgesetzt führen eben keine molekularbiologischen Untersuchungen zur Einordnung, sondern Skelette begleitende Gegenstände - hier das Ei, bei Menschen oft Pfeilspitzen, an hand derer dann auf männliches Geschlecht geschlossen wird. Die Einordnung von Pfeilspitze = kriegerisch = Mann ist längst umgestürzt, da mittlerweile auch als möglich erscheint, dass auch Gräbern von Frauen solche Beigaben hinzugefügt wurden. Das hindert aber nicht daran, an anderen Stellen sogleich wieder Kurzschlüsse zu ziehen - und von ganz wenigen Funden (eins, zwei, drei Individuen), die möglicherweise (!) ein und derselben Saurierart zugehören sogleich die eigene Erwartungshaltung zweier Geschlechter abzuleiten. So wird Wissenschaft ruiniert (bzw. so funktioniert Wissenschaft) - und landet man bei Antworten, wie man sie auch beim Orakel von Delphi nicht schlechter erhalten hätte: auch dort hätte man eine Antwort erhalten, die eine aus der jeweiligen gesellschaftlichen Erwartungshaltung entstammt... Warum nicht einfach nüchtern analysieren, vermessen - anstatt gleich in die Schubladen stecken, die wir heute als wichtig betrachten...

In der November-Ausgabe 2008 der "Blätter für deutsche und internationale Politik" erschien ein interessanter Beitrag von Wulf D. Hund zu rassistischen Positionierungen von James Watson, der zusammen mit Francis Crick und Maurice Wilkins für die Strukturaufklärung der DNA den Nobelpreis erhielt (die für die Strukturaufklärung wichtigen Ergebnisse aus Rosalind Franklins Röntgenstrukturanalysen würdigten die Nobelpreisträger dabei nicht einmal).

War Watson nach rassistischen Äußerungen gegen Menschen mit schwarzer Hautfarbe dazu gewungen, seine Ämter niederzulegen, kamen an anderer Stelle eugenische Äußerungen hinzu, die sich gegen behinderte Menschen richteten und auf eine grundlegende menschenfeindliche Gesinnung Watsons hinweisen. So führte er aus: "[Frage:] Was ist sinnvolles Leben? [Watson:]
Ich nenne ein Leben sinnvoll, von dem man eine Zukunft erwarten kann [Frage:] Ein Leben mit Chancen? [Watson:] Ja, eine Chance darauf, einmal heiraten zu können, einmal als gleichberechtigt akzeptiert zu werden, sobald man einen Raum betritt. Hitler sagte, tötet alle, die diese Chance nicht besitzen. Ich meine, sie sollten gar nicht erst geboren werden."

Ausführlich zitiert findet sich das Interview bei Bock von Wülfingen, Genetisierung der Zeugung, 2007 S.167; einen Überblick und eine Einordnung von Watson findet sich in dem guten Beitrag von Wulf D. Hund "Ein Traum der Vernunft: Das weiße Eutopia des James Watson" - mit freundlicher Einwilligung der Blätter-Redaktion hier nachzulesen.