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Vorhautbeschneidung bei Jungen: Weg von Vorannahmen, hin zu fundierter Diskussion.
Heinz-Jürgen Voß
(als pdf-Datei)

Ich habe in den vergangenen Wochen intensiv die Debatten um die Vorhautbeschneidung bei Jungen verfolgt. Ich hätte mir gewünscht, dass ein ähnlich intensives Streiten bzgl. der medizinischen Gewalt gegen Intersexe stattgefunden hätte. Im Gegensatz zur Vorhautbeschneidung bei Jungen kämpfen hier seit Jahrzehnten Menschen gegen die als grauenvoll empfundenen Behandlungen und ihre Folgen.
Bzgl. der Vorhautbeschneidungen bei Jungen gibt es im deutschsprachigen Raum dieses Streiten von selbst betroffenen Menschen hingegen nicht. Aber statt das als Hinweis zu nehmen, dass hier kein solches Streiten erforderlich ist oder dass es etwa nicht so dringlich ist, wurde argumentiert, ‚die beschnittenen Männer wüssten ja nicht, was ihnen bzgl. Sensitivität entgehe‘. Das eigene Empfinden und die eigene Vorannahme wurde auf andere Menschen übertragen – ein Vorgehen, dass nicht zuletzt durch Sexualwissenschaft, Gender und Queer studies und Intersektionalitätsforschung als inakzeptabel erwiesen ist.
Die Debatte ist aufgeladen, gerade weil vom Kölner Landgericht ein Urteil gefällt wurde, was gut in den strukturellen Rassismus in der Bundesrepublik Deutschland passt. Aber das sollte nicht zu voreiligen Kurzschlüssen verleiten, sondern gerade als Forderung an Wissenschaftler_innen und gut informierte Interessierte verstanden werden, genau nachzuschauen, nachzufragen und zu analysieren.

Zur Kenntnis zu nehmen ist dabei: Weiterlesen » » » »

Intersexualität: Aktuelle Entwicklungen (Heinz-Jürgen Voß)
(zuerst in: SINa - Sexualwissenschaftlicher Interdisziplinärer Nachwuchs, 2 (2012): 7-9.)

In den vergangenen Monaten ist Bewegung in die Debatte um die medizinische Behandlungspraxis von intergeschlechtlichen Kindern gekommen. Von den früher entsprechend dem Programm Behandelten werden die medizinischen Interventionen als gewaltvoll und traumatisierend beschrieben. Auch die wissenschaftlichen Outcome-Studien, die die anatomischen und funktionalen Behandlungsergebnisse sowie die Behandlungszufriedenheit erheben, stützen die Sicht der politisch streitenden behandelten Menschen. Zuletzt kommen Katinka Schweizer und Hertha Richter-Appelt (2012) zum Schluss: „Insgesamt fällt eine hohe Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Wohlbefindens auf. So litten über 60% der Teilnehmenden sowohl unter einer hohen psychischen Symptombelastung als auch unter einem beeinträchtigten Körpererleben. […] Die psychische Symptombelastung, die z.B. anhand depressiver Symptome, Angst und Misstrauen erfasst wurde, entsprach bei 61% der Befragten einem behandlungsrelevantem Leidensdruck […]. Auch hinsichtlich Partnerschaft und Sexualität zeigte ein Großteil der Befragten einen hohen Belastungsgrad. […] Fast die Hälfte (47%) der Befragten, die an den Genitalien operiert wurden, berichteten sehr viel häufiger über Angst vor sexuellen Kontakten und Angst vor Verletzungen beim Geschlechtsverkehr als die nicht-intersexuelle Vergleichsgruppe“ (Schweizer et al. 2012: 196f; Übersicht über die internationalen Outcome-Studien in: Voß 2012).

Und auch der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages kommt nach seiner Sitzung im Juni zu einem eindeutigen Urteil. In der Pressemitteilung vom 25. Juni 2012 heißt es: „Operationen zur Geschlechtsfestlegung bei intersexuellen Kindern stellen einen Verstoß gegen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit dar und sollen zukünftig unterbunden werden. Dies war das einhellige Votum der öffentlichen Anhörung im Familienausschuss am Montagnachmittag.“ (Familienausschuss 2012) Weiterlesen » » » »

Parthenogense - ungeschlechtliche Fortpflanzung oder "Jungerfernzeugung" - ist bei den Organismen weit verbreitet. Selbst bei Tierarten, bei denen auch geschlechtliche Fortpflanzung möglich ist (als Gattungsmerkmal - es muss keineswegs alle oder die Mehrheit der Individuen einer Art betreffen), findet ungeschlechtliche Fortpflanzung statt und könnte - evolutionär gesehen - von Vorteil zu sein.

Hierzu gibt es eine neue Studie, die explizit Schlangen untersuchte - und parthenogenetische Fortpflanzung nachweisen konnte, obwohl ein deutlicher Überschuss als männlich eingeordneter Individuen feststellbar gewesen sei. Die vollständige Studie findet sich hier: Facultative parthenogenesis discovered in wild vertebrates.

Einen sehr guten deutschsprachigen Überblick über Parthenogeneseforschung hat Prof. Smilla Ebeling bereits 2002 veröffentlicht - sie ist sehr empfehlenswert: "Die Fortpflanzung der Geschlechterverhältnisse. Das metaphorische Feld der Parthenogenese in der Evolutionsbiologie." (Mössingen-Thalheim: Talheimer Verlag).

Wie aus einer Pressemitteilung der CDU/CSU hervorgeht, streben die Koalitionsparteien keine grundlegende Änderung der medizinischen behandlungspraxis an. Vielmehr fordern sie in schön verkalusulierten Worten, dass lediglich "irreversible Operationen an Kindern und Jugendlichen ohne medizinische Indikation" unterbunden werden sollten. Aber genau die medizinische Indikation ist das Problem: Auf Basis der medizinischen Indikation werden bislang die geschlechtszuweisenden Eingriffe vorgenommen, die von den so behandelten Menschen als äußerst gewaltvoll und traumatisierend beschrieben werden. Und auch die aktuellen wissenschaftlichen Studien evaluierten die geschlechtszuweisenden Eingriffe als schlecht und dass sie den Patient_innen schaden und nicht nützen. Es ist also weiteres Streiten erforderlich - aktuell finden in Hamburg, Leipzig, Halle und Dresden Proteste statt. Und hier nun die Pressemitteilung der CDU/CSU:

"Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat gemeinsam mit ihrem Koalitionspartner, der FDP-Fraktion, am Montag ein Fachgespräch zum Thema „Diskriminierung von intersexuellen Menschen beseitigen“ veranstaltet. Dazu erklären die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär, sowie der zuständige Berichterstatter Peter Tauber:
„Das Fachgespräch der Koalition zum Thema Intersexualität hat eindeutigen Handlungsbedarf aufgezeigt. In den Ausführungen der Sachverständigen wurde deutlich, dass Intersexuelle nicht gezwungen sein dürfen, sich im Personenstandsregister in die Kategorien ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ einzuordnen. Denn dies stellt einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar. Zudem muss künftig verhindert werden, dass irreversible Operationen an Kindern und Jugendlichen ohne medizinische Indikation vorgenommen werden, mit denen sie - womöglich gegen ihren Willen - zu Frau oder Mann gemacht werden.
Das Thema darf nicht länger tabuisiert werden. Die Änderungen, die schon der Deutsche Ethikrat in seiner Stellungnahme zum Thema Intersexualität im Februar 2012 gefordert hatte, wollen wir nun konkret angehen. Nur so vermeiden wir Diskriminierungen.“"
Quelle: Homepage der Fraktion.

Unter dem Titel "Sex sells. Sex and Brain sells even better" findet sich bei Die Standard ein lesenswerter Beitrag zur Herstellung von Geschlechterdifferenzen durch die Hirnforschung: "Die Neurowissenschaften konstruieren medienwirksam männliche und weibliche Gehirne - Diese Befunde stehen aber mitunter auf methodisch wackeligen Beinen." --> zum Beitrag

Weiterhin lesenswert zum Thema:

Schmitz, S. (2004): Wie kommt das Geschlecht ins Gehirn? Über den Geschlechterdeterminismus in der Hirnforschung und Ansätze zu seiner Dekonstruktion. Forum Wissenschaft, 4 (2004).
Online: http://www.linksnet.de/de/artikel/19193

Fausto-Sterling, A.: Sexing the Body – Gender Politics and the Construction of Sexuality. New York 2000.

Und populär orientiert, aber wissenschaftlich basiert:

Quaiser-Pohl, C. et al. (2007): Warum Frauen glauben, sie könnten nicht einparken und Männer ihnen Recht geben. Über Schwächen, die gar keine sind. Beck bzw. DTV.

Fine, C. (2012): Die Geschlechterlüge - Die Macht der Vorurteile über Frau und Mann. Klett-Cotta.

Zwischengeschlecht.org organisiert Proteste gegen geschlechtszuweisende Eingriffe bei Intersexen in Leipzig, Halle und Dresden. Anlass sind zwei Kongresse einschlägiger medizinischer Fachgesellschaften, die im September in Leipzig stattfinden. Interessierte sind eingeladen, die friedlichen Proteste zu unterstützen - also nicht (!) zu dominieren.

Weitere Informationen hier, auf zwischengeschlecht.info.

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Aktualisiert: 18.10.2018

Übersicht über die erschienenen (und mir bekannten) Besprechungen:

In einem guten Beitrag zu Intergeschlechtlichkeit von Sophia Geß heißt es abschließend auf SWR2: "Und was da nicht reinpasst, darf nicht einfach weggeschnitten werden. Die Menschenrechtsorganisation „Zwischengeschlecht.org“ kämpft für die Rechte dieser Menschen und fordert ein Verbot von Genitaloperationen. Weitere Informationen finden Sie auf ihrer Internetseite zwischengeschlecht.org. Eine kurze Einführung zum Thema bietet außerdem das Buch: „Intersexualität. Intersex. Eine Intervention“ von Heinz-Jürgen Voß." Der Beitrag ist hier online.

Anja Gregor rezensierte das Buch auf Mädchenblog. In der Besprechung heißt es u.a.: "Voß [zeigt], dass die Zurichtungen intergeschlechtlicher Körper ihren Ursprung in der gesellschaftlichen Vorstellung von Geschlechtlichkeit und ihrem Wandel seit der Aufklärung haben, dass die Forderungen des Ethikrates entscheidende Lücken in der Rezeption des (medizinkritischen) Diskurses in Form von Outcome-Studien aufweist und auch deshalb weit hinter den Forderungen der Inter*-Bewegung zurückbleiben muss. Die Veröffentlichung ist ein Beitrag, diese Lücke rechtzeitig zu schließen, um damit – hoffentlich – in weitere politische Entwicklungen zu intervenieren." Zur vollständigen Rezension.

Auf Zwischengeschlecht.info schreibt Seelenlos zum Buch: "Voß ist einer der leider raren Geschlechterforscher, bei dem die inhaltliche Kritik an der vereinnahmenden Ausblendung der Menschenrechtsverletzungen an Zwittern offensichtlich nicht nur zum einen Ohr rein und zum andern flugs wieder raus ging, sondern der die Argumente und Quellen auch zur Kenntnis nahm und seither immer mal wieder beweist, dass er seine Hausaufgaben gemacht hat und die Anliegen der Überlebenden von kosmetischen Genitaloperationen ernst nimmt." Hier gehts weiter.

Sonja Erkens hat "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention" bei Missy Magazine besprochen und schreibt unter anderem: "Mit der ebenso seltenen wie fruchtbaren Kombination aus biologischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive entlarvt Voß das Konstrukt der Zweigeschlechtlichkeit vielmehr als gesellschaftliches Produkt denn als medizinischen Fakt." Auf seiner Basis werden intergeschlechtliche Menschen - so Erkens weiter - "mit medizinischer Brachialgewalt zwangsweise 'vereindeutigt'. Die entsprechenden Passagen über das ebenso beherzte wie selbst vor den Betroffenen geheim gehaltene Abschneiden oder Zunähen unerwünschter Geschlechtsmerkmale lesen sich zwar wie von Dr. Frankenstein höchstselbst erdacht, zeigen aber auf eindrückliche Weise, wie kompliziert und aufwändig es bisweilen sein kann, so etwas vordergründig Banales wie “Normalität” herzustellen." Die vollständige Besprechung findet sich hier.

Ulrike Kümel besprach das Buch bei Queer.de. In der Rezension heißt es unter anderem: "Dieses Buch enthält alles, was mensch für den Kampf gegen die halbherzige "Empfehlung des Ethikrates" benötigt. [...] Der Autor Dr. Heinz-Jürgen Voß stellt in seiner Argumentation die vielen relevanten wissenschaftlichen Untersuchungen der Medizin und Biologie dar, die – fern jeglicher Seriosität – vom Ethikrat für seine Stellungnahme ignoriert wurden und zu obiger Fehlentscheidung führte. Er schreibt kompakt und für alle leicht verständlich und nachvollziehbar." Zur Rezension bei Queer.de.

Martin Brandt hat "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention" auf www.kritisch-lesen.de gewürdigt. Die vollständige Besprechung findet sich hier.

Andrea*s Jackie Klaura rezensierte "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention" für progress - Magazin der österreichischen HochschülerInnenschaft. In der Besprechung hält Klaura unter anderem fest: "[D]ieses kompakte Büchlein [entwickelt] das Potential zur breit verwendbaren Argumentationsgrundlage für medizinisch- und juristisch-politische Debatten. [...] Ähnlich wie in der ausführlicheren und als Grundlage zu empfehlenden Einführung in das Thema Geschlecht. Wider die Natürlichkeit (2011. Schmetterling Verlag) versteht es Voß, wissenschaftliche Sachverhalte auch in historische und aktuelle gesellschaftliche Kontexte einzubinden. Trotz des wissenschaftlichen Charakters ist der Biologe Voß dabei stets darum bemüht, die Sachverhalte in allgemein-verständlicher Weise zu erläutern." Die Besprechung ist, neben der gedruckten Form, hier auch online verfügbar.

Gundula Hase besprach das Buch für "Rosige Zeiten" und "Die andere Welt" und folgert: "Fazit: Ein sehr gut lesbares Buch, das die neue Entwicklung der Intersex-Diskussion nicht nur darstellt, sondern auch konkrete Hilfestellungen gibt, den Kampf gegen die Empfehlung des Ethikrates wieder anzufachen." Die Besprechungen finden sich hier (Heft Nr. 142, S.20f) und hier.

Winter-Katalog von Loewenherz.at: "Dieses Büchlein gibt einen Überblick über den aktuellen Stand in der noch lange nicht abgeschlossenen Intersexualitätsdebatte. [...] Die Position der Intersexe wird in diesem Band ebenso berücksichtigt wie der aktuelle Stand in den damit befassten Wissenschaften. Auch neueste Forschungsergebnisse sind hier eingeflossen." Hier online: lesbischer Schwerpunkt (S.31) / schwuler Schwerpunkt (S.34).

Persson Perry Baumgartinger hat das Buch "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention" in der Zeitschrift "Stimme von und für Minderheiten" rezensiert und schreibt unter anderem: "Das Buch bietet einen kritischen Blick auf Intersex als machtvolle Konstruktion mit gewaltvollen Konsequenzen für Menschen und zeigt die zentrale Rolle von Medizin, Staat und christlicher Kirche in diesem Machtgefüge. Voß beschreibt, wie Geschlecht im Laufe der Geschichte konstruiert wird und was das mit Intersex als Zwangsdiagnose, einem medizinischen Apparat als „Versuchslabor“ und Menschenrechtsverletzungen an Intersex-Personen zu tun hat." Es handelt sich um "[e]ine verständlich geschriebene Einführung in ein Thema, das alle angeht." (Stimme von und für Minderheiten, Nr. 85, S.33)

Bettina Enzenhofer besprach das Buch in an.schläge - das feministische monatsmagazin. In der Rezension heißt es unter anderem: "'Intersexualität - Intersex. Eine Intervention' ist eine unbedingte Empfehlung für alle, die sich in den Status quo in puncto Intersex einlesen wollen. Denn wie schon in seinen letzten Veröffentlichungen gelingt es Voß auch diesmal sehr gut, komplexe biologisch-medizinische Sachverhalte in einen gesellschaftlichen Zusammenhang zu betten, und das in einer auch für Nicht-(Natur-)Wissenschaftler_innen nachvollziehbaren Weise." (an.schläge, februar 2013, S.39)

Kerstin Schumann schreibt auf Geschlechtergerechtejugendhilfe.de: "Buchtipp: Intersexualität - Intersex: Verständlich, übersichtlich und kurz formuliert stellt die Veröffentlichung „Intersexualität – Intersex“ von Heinz-Jürgen Voß verschiedene Diskurse zum Umgang mit Intersexualität dar. Verdeutlicht werden wissenschaftliche Erkenntnisse, ethische Diskussionen und Forderungen der Intersex-Verbände." Kerstin Schumann, 22.3.2013, online bei Geschlechtergerechtejugendhilfe .

Die Online-Zeitschrift verrönscht und zugenetzt beurteilt das Buch wie folgt: "Voß möchte mit seinem kleinen Büchlein anlässlich der kürzlich vom Deutschen Ethikrat veröffentlichten Stellungnahme »Intersexualität« in die Debatte intervenieren. Das Gremium kritisiert zwar die zweigeschlechtliche Norm und empfiehlt, neben »männlich« und »weiblich« eine dritte geschlechtliche Kategorie offiziell festzuschreiben. Abgesehen davon, dass hier eine an sich diskriminierende Bezeichnung wie »anderes« vorgeschlagen wird, spricht sich das Papier auch nicht gegen die geschlechtsangleichenden Eingriffe im Kindesalter aus. Wie Voß aufzeigt, kommt es dabei aber häufig zu medizinischen Komplikationen und psychischen Problemen. Betroffen Beschreiben die Eingriffe als gewaltsam und traumatisierend. »Damit ergibt sich notwendig: Da die Behandlungspraxis den behandelten Menschen schadet und nicht nutzt, muss sie dem medizinischen Grundsatz und Ethos gemäß aufgegeben werden.« Stattdessen sei die Förderung der Anerkennung von Verschiedenheit und soziale Betreuung und Begleitung von Diskriminierung betroffener Intersexen einzig sinnvoll."

Simone Emmert besprach "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention" bei Querelles-net - Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung und schreibt unter anderem: "Die Intervention zu Intersexualität – Intersex erweist sich als ein kleines, aber feines Buch, das einen gelungenen Einstieg in die aktuelle politische Debatte gibt. Als besonders wertvoll lassen sich der Überblick und die Diskussion um die Ergebnisse der sogenannten Outcome-Studien ansehen; hieraus wird deutlich abgeleitet, dass geschlechtszuweisende chirurgische und/oder hormonelle Eingriffe intersexen Menschen eher schaden als nützen. Voß gibt damit eine der ersten wenigen publizierten kritischen Stellungnahmen aus wissenschaftlicher Aktivensicht ab. Das Buch ist flüssig und leicht verständlich geschrieben und macht Lust, sich weiter in das noch immer sehr konfliktbeladene und emotionale Thema um den Kampf auf Selbstbestimmung sowie um Respekt, Toleranz und Anerkennung von Vielfalt und Verschiedenheit einzulesen." Simone Emmert, in: querelles-net - Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung, 2013, Nr. 2, online

kittyszuhause.twoday.net: "Heinz-Jürgen Voß wertet verschiedene Studien zu und an Intersexualität aus und kommt zu dem Schluss, dass die Behandlung aus Sicht der Ärzte „helfen“ soll, aber gerade das Gegenteil der Fall ist und zu mehr „Leid und Stigmatisierung“ führt. Besonders zu empfehlendes kurzweiliges Büchlein mit Auswertungen zum Diskurs und durchgeführter Studien." zur Rezension

Zeitschrift Queerulant_in: "Das Buch gibt auf nur 78 Seiten einen sehr guten Überblick und sei allen Menschen wärmsten ans Herz gelegt." Queerulant_in, Nr. 5, S.39. zum Heft

Auf dem Blog http://jpunktanna.wordpress.com heißt es am 21. Juni 2014 zu dem Buch: "kurz gesagt, ein spannendes Buch, das kurz und gut lesbar zum Stand der Diskussion um die Behandlung von Intersex informiert und mich wütend macht. Ich finde die aktuelle Situation grausam und unverständlich. Das Lesen des Buches “Intersexualität-Intersex” kann ich sehr empfehlen." zur ganzen Rezension

Das Buch Intersexualität – Intersex: Eine Intervention ist nun erschienen und ich möchte alle Interessierten herzlich zur Lektüre, Rezension und Diskussion einladen!

Cover des Buches "Intersexualität - Intersex: Eine Intervention"

Vorstellungstext des Bandes:
Oft werden bei der Diagnose «Intersex» im Säuglings- und frühen Kindesalter operative und hormonelle Eingriffe vorgenommen, um ein möglichst eindeutiges Erscheinungsbild der Genitalien zu erreichen. Von den Interessensvertretungen der Intersexe werden diese Eingriffe als gewaltsam und traumatisierend beschrieben. Neue wissenschaftliche Ergebnisse zeigen ebenfalls massive Probleme der Behandlungen auf – der Deutsche Ethikrat berücksichtigte sie nicht für seine Anfang 2012 veröffentlichte Stellungnahme zum Umgang mit Intersexualität. In diesem Band wird der aktuelle Forschungsstand vorgestellt und mit den Forderungen der Intersex-Verbände kontextualisiert. Voraus geht eine Analyse der gesellschaftlichen Umstände, die zur bisher üblichen medizinischen Praxis führten. Darin wird gezeigt dass die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern sowie die sozial strukturierte Angst vor geschlechtlicher Pluralität wichtige Ausgangspunkte dafür waren, Uneindeutigkeiten gesellschaftlich und medizinisch zu tilgen. Vor dem Hintergrund einer wachsenden gesellschaftlichen Anerkennung vielfältiger geschlechtlicher Identitäten wird herausgearbeitet, dass die Begründung der bisherigen medizinischen Behandlungspraxis – sie basierte eben darauf, Menschen Diskriminierungen und Gewalt in einer gegenüber geschlechtlicher Uneindeutigkeit intoleranten Gesellschaft ersparen zu wollen – nicht mehr gegeben ist.

Eine erste Rezension
ist bereits bei Mädchenblog erschienen - dort heißt es unter anderem:

"Voß [zeigt], dass die Zurichtungen intergeschlechtlicher Körper ihren Ursprung in der gesellschaftlichen Vorstellung von Geschlechtlichkeit und ihrem Wandel seit der Aufklärung haben, dass die Forderungen des Ethikrates entscheidende Lücken in der Rezeption des (medizinkritischen) Diskurses in Form von Outcome-Studien aufweist und auch deshalb weit hinter den Forderungen der Inter*-Bewegung zurückbleiben muss. Die Veröffentlichung ist ein Beitrag, diese Lücke rechtzeitig zu schließen, um damit – hoffentlich – in weitere politische Entwicklungen zu intervenieren." Zur vollständigen Rezension.

Angaben zum Buch:
Intersexualität – Intersex: Eine Intervention
von Heinz-Jürgen Voß
Unrast-Verlag, Münster
80 Seiten, broschiert, 7,80 EUR
ISBN 978-3-89771-119-8

Das Buch ist beim Verlag und im Buchhandel erhältlich;
Rezensionsexemplare können bei mir (voss_heinz(ätsch)yahoo.de) und beim Verlag bestellt werden.

Zur Übersicht der bereits erschienenen Rezensionen.

„Alles Bio. Oder? Geschlechter-Forschung: Der Mythos vom Unterschied“ heißt es in der Überschrift eines der Beiträge im aktuellen GEO-Themenheft „Frau Mann“ (Juli 2012). Es werden die Geschlechter-Klischees in der aktuellen Forschung aufgespürt und mit einigen seriöseren Arbeiten, die explizit nicht auf Verkaufserfolg zielten, kontrastiert. „Autoren wie Verlagen verheißt der weite Raum zwischen Mars und Venus astronomische Gewinnspannen.“ (S.33) Einige, wie die aktuell prominente Differenz-Autorin Louann Brizedine, profitieren nicht nur von durch Autor_innen-Honorare von ihren Buchverkäufen, sondern sie ist auch Gründerin einer Klinik, die sich auf die in den Büchern als bedeutsam dargestellten Hormone spezialisiert hat. Das Wartezimmer will gefüllt werden.

„Man braucht nur: Forscher mit Drang zur Öffentlichkeit und Medien mit Mut zur Vereinfachung. Fertig ist der Party-Smalltalk. Eine seriöse Studie zu dem Thema [verwendeter Sprachschatz], mit 400 Teilnehmern, gelangt zu ganz anderen resultaten: Frauen sprechen 16 215 Wörter am Tag, Männer 15 669. Solche Befunde aber bleiben meist unbeachtet. Denn die Nachricht ‚Frauen und Männer reden gleich viel‘ – sie ist keine. Oft fristen Untersuchungen, die auf Gleichheit statt Differenz stoßen, von vornherein ein Schubladendasein.“ (33) Weiterlesen » » » »

The circumcision of the foreskin in boys does not mean the removal or reduction of glans or clitoris as was and still is the case in treatments directed against intersexes. Nor will gonads be removed or a vagina painfully produced and dilated, and afterwards no life-long taking of hormones is necessary as intersexes often have to cope with. Therefore it is inappropriate to equate one with the other and make a case for limiting the freedom of religion.

Rather, society should start debating about how to overcome the narrow gender norms infringing people´s right of self-determination. This would soon raise questions about social norms in general, it would mean to really end violence against women, really go against gender stereotypes and stop the medicalization and psychiatrization of people... However, this is not happening. Instead, the judgment about the circumcision of the foreskin in boys fits in a German policy that wanted "Christian values and traditions" even to be inscribed in the European Constitution and that cites the rights of women and homosexuals (which it could bring itself to grant only after much deliberation) as arguments for war against other countries.

What use is all this talk about "intersectionality" when even people who otherwise like to think in terms of emancipation refer to a "Christian Occidental" understanding "in the case" where for once an intersectional approach is indeed indispensible? Weiterlesen » » » »