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Nach den eröffnenden Präsentationen in Zürich, Leipzig und Berlin stehen die folgenden Buchvorstellungen des Buches „Die Idee der Homosexualität musikalisieren: Zur Aktualität von Guy Hocquenghem“ an. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen:

Berlin:

  • 2. Juni, 20:00 Uhr, im Rahmen der Linken Buchtage 2018, Ort: Gneisenaustr. 2a
  • 13. Juli, Buchhandlung Eisenherz, organisiert von BleuBlancRose

Wien: 28. Mai, Buchhandlung Löwenherz

Dresden: 1. Juni, im Rahmen der CSD-Veranstaltungen, organisiert von Gerede e.V.

Oldenburg: 4. Juni, organisiert vom FemRef der Uni Oldenburg

Essen: 5. Juni, organisiert von FUMA Fachstelle Gender & Diversität NRW

Merseburg: 6. Juni, im Rahmen der Lunch Lecture

Weitere Veranstaltungen in anderen Orten zielen auf Biologie und Geschlecht, Intergeschlechtlichkeit und pädagogische Praxis, Queer und Kapitalismuskritik sowie Diskussionskultur und offene Ansätze zur Betrachtung vom gleichgeschlechtlichem Sex. In den Orten: Zürich, Tübingen, Chemnitz, Dresden, Erlangen, Regensburg, Halle, Merseburg, Heidelberg und weitere.

Gern weise ich auf ein paar Rezensionen aktueller Bücher hin, die ich für socialnet.de verfasst habe. Im Folgenden jeweils ein kurzer Auszug - und der Link zum Weiterlesen:

(1) “Queer Wars: Erfolge und Bedrohungen einer globalen Bewegung”; von Dennis Altman und Jonathan Symons:

Gegen westliche Bevormundung werden Altman und Symons noch deutlicher: „Radikale Ideen voranzutreiben oder eine zu große Sichtbarkeit herzustellen in Gesellschaften, in denen nicht jede Sexualität als eine legitime Identität aufgefasst wird, kann einen Rückschlag provozieren, der vorhandene sexuelle Freiheiten sogar wieder zurückdrängt.“ (S. 138) [...] Leichtgängig liefern Altman und Symons in Freundls Übersetzung dem deutschsprachigen Publikum einen Zugang zum internationalen Stand aktueller Debatten um die Emanzipation von LSBTIQ.

Rezensiert auf: socialnet, 26.1.2018 (Online).

(2) “Schweigen = Tod, Aktion = Leben. ACT UP in Deutschland 1989 bis 1993”; von Ulrich Würdemann:

Ulrich Würdemann liefert mit dem vorliegenden Band einen hervorragenden Einstieg in Betrachtungen zu ACT UP in Deutschland. Er räumt mit dem mitunter angenommenen Mythos auf, dass HIV/Aids-Aktivismus, Aidshilfen und Schwulenbewegung ineinander aufgingen. Vielmehr stellt er die Diskrepanzen zwischen ACT UP auf der einen Seite und Schwulenbewegung und Aidshilfen auf anderen Seiten heraus. Besonders betont er die gegen HIV-Positive feindliche Politik, wie sie vor allem von Peter Gauweiler und Horst Seehofer betrieben wurde.

Rezensiert auf: socialnet, 25.1.2018 (Online).

(3) “Demo. Für. Alle. Homophobie als Herausforderung”; von Detlef Grumbach (Hg.):

Der vorliegende Band formuliert zuallererst ein Unbehagen mit den aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen. Rechte und reaktionäre Strömungen stellen, so die Autoren, eine zunehmende Bedrohung für LSBTIQ* dar – und Anhänger(_innen) von rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und Initiativen fänden sich auch unter LSBTIQ* selbst. Wichtig am Band ist, dass er diese Verunsicherung transparent macht und mit einigen theoretischen Überlegungen unterfüttert. Gleichzeitig werden aus einigen Beiträgen Ansätze für Strategien gegen diese reaktionären Strömungen deutlich: Vielfach wird die Koalition mit anderen Gruppen angesprochen, die der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt in LSBTIQ* Rechnung tragen, aber auch mit anderen Marginalisierten zusammengehen sollte. Das Stichwort Intersektionalität taucht auf, auch das gemeinsame Streiten gegen Rassismus und Geschlechterhierarchie. Hier wird anzusetzen sein – und könnte mit einer Selbstreflexion schwuler Kontexte begonnen werden.

Rezensiert auf: socialnet, 24.1.2018 (Online).

(4) “Magnus Hirschfeld und seine Zeit”, von Manfred Herzer:

Das Buch ist ein unbedingtes Muss für alle diejenigen, die sich mit schwuler Geschichte im Allgemeinen und mit Magnus Hirschfeld und seinen Zeitgenoss_innen im Besonderen beschäftigen. Es stellt einen sehr guten Auftakt für die weitere Debatte dar.

Rezensiert auf: socialnet, 29.1.2018 (Online).

cover_geschlechtliche_vielfalt_erleben_In der Reihe "Angewandte Sexualwissenschaft" des Psychosozial-Verlags ist gerade das lesenswerte Buch "Geschlechtliche Vielfalt (er)leben: Trans*- und Intergeschlechtlichkeit in Kindheit, Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter" neu erschienen. Es wendet sich Inter* und Trans* gerade vor dem Hintergrund aktuell stattfindender rechter Angriffe vor; im Band wird u.a. vorgeschlagen, interdisziplinär und intersektional Lösungsansätze zu entwickeln. Eingeleitet wird das Buch mit einem Grußwort der sächsischen Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping.

Geschlechtliche Vielfalt (er)leben:
Trans*- und Intergeschlechtlichkeit in Kindheit, Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter
von Alexander Naß, Silvia Rentzsch, Johanna Rödenbeck, Monika Deinbeck (Hg.)

Psychosozial-Verlag, Gießen
2016, 149 Seiten, 19,90 Euro
ISBN: 978-3-8379-2597-5

Verlagsinformationen

In der Ausgabe Nr. 66 der Zeitschrift "Malmoe" wurden mehrere Beiträge zur Frage "Welche Bedeutung hat Klasse heute?" veröffentlicht. Die Antworten verschiedener Autor_innen gehen nun nach und nach online - hier die Antwort von Salih Alexander Wolter und mir:

Nicht ohne Marx – und über ihn hinaus

Welche Bedeutung hat Klasse heute? Salih Alexander Wolter und Heinz-Jürgen Voß geben die vierte Antwort.

Die 'Klasse' – einst der Kernbegriff revolutionärer Theorie und Politik – wird in linken Ansätzen, die aktuell im deutschen Sprachraum diskutiert werden, oft nur noch mitgeschleppt. In der kulturwissenschaftlichen Wende der 1970er/1980er Jahre wurde Klasse schon beinahe für tot erklärt. Dass sie sich dennoch ins intersektionale Paradigma hinüberretten konnte, verdankt sie – kleine Ironie der Geschichte – der Borniertheit hiesiger Universitäten. Die lernten das neue Konzept nämlich lieber aus den Büchern nordamerikanischer Professorinnen, als es sich von den marginalisierten Frauen – oft Migrantinnen aus der Arbeiterklasse – erklären zu lassen, die es in ihren Kämpfen hierzulande zeitgleich entwickelt hatten. Nun haben es die deutschen und österreichischen Akademien also auch mit der Triade von Gender, Race, and Class zu tun, wissen aber mit der dritten dieser 'Hauptkategorien sozialer Ungleichheit' nicht viel anzufangen, weil sie – anders als die Vordenkerinnen aus den USA – vor marxistischen Analysen zurückschrecken.

Offenbar aus dem gleichen Grund droht eine Linke, die sich auf die 'Überwindung von Diskriminierung' beschränken will, deren Grundlagen aus den Augen zu verlieren. Denn die große Leistung des intersektionalen Ansatzes besteht gerade darin, scheinbar vorgegebene und unabänderliche Identitäten auf ineinandergreifende gesellschaftliche (Herrschafts-) Verhältnisse zurückzuführen. So werden Geschlecht und 'Rasse' heute als ebenso wenig 'natürlich' erkannt, wie es für die Klasse schon längst galt. Diese ergibt sich aus dem Kapitalverhältnis, das "Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren" (MEW 23: 641) einander gegenüberstellt. Sicher genügt diese Formel nicht, eine komplexe Gegenwart zu fassen, in der z. B. einerseits auch millionenschwere Bankvorstände letztlich nur Angestellte sind, andererseits selbst prekarisierte Bewohner_innen der Metropolen noch von der Überausbeutung von vor allem Frauen im Globalen Süden profitieren. Aber falsch und gefährlich ist es, wenn neuerdings unter dem Stichwort ›Anti-Klassismus‹ die Klasse mitunter quasi 're-naturalisiert' wird.

Stattdessen gilt es, den Begriff sowohl analytisch zu füllen, als auch mit der lebensweltlichen Erfahrung rückzukoppeln. Es gilt, das Zusammenspiel von Rassismus, Sexismus und Kapitalismus zu verstehen, mit dem Europa die Welt kolonisiert hat (Immanuel Wallerstein / Étienne Balibar), und zu erkennen, dass es heute eine hierarchische und ihrerseits globalisierte Strukturierung der Preise der Arbeitskraft gibt (Samir Amin, Gayatri Chakravorty Spivak). Und es gilt zu durchschauen, wie in unseren Gesellschaften 'Diversity' funktioniert, indem unterschiedliche Bedürfnisse gegeneinander ausgespielt und soziale Unterschiede kulturalisiert werden. Wenn es ums Ganze gehen soll, braucht es einen erneuerten Klassenbegriff. Der wird ohne Marx nicht zu haben sein und zugleich über ihn hinausgehen müssen – rassismuskritisch, antisexistisch, verqueert.

Malmoe, online seit 26.04.2014 20:43:07 (Printausgabe 66)