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[Update (21.1.2016): Gute neue Beiträge werden jeweils unten angefügt]

Es gibt nun auch einige nüchternere Beiträge zu den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln. Ich finde erschütternd, dass hier wieder ein Ereignis herausgegriffen und Geflüchteten angelastet wird. Einerseits stellt sich die Situation offenbar anders dar (keinem Geflüchteten wird bei den Kölner Ereignissen bisher ein Sexualdelikt vorgeworfen!), andererseits ist es endlich an der Zeit, dass institutionell dagegen vorgegangen wird, dass 35% der cis*-Frauen (bei Trans* liegt die Zahl noch höher) in ihrem Leben von sexualisierter Gewalt betroffen sind und dass es quasi bei jedem Großereignis (Münchner Oktoberfest, Karneval) stetig zu sexistischer Gewalt gegen Frauen kommt: Stefanie Lohaus und Anne Wizorek schreiben auch hierzu sehr gut und sie zitieren u.a. den folgenden Karnevalsbericht: "[Beim Karneval ist] allein der kurze Weg zur Toilette [] der reinste Spießrutenlauf. Drei Umarmungen von wildfremden, besoffenen Männern, zwei Klapse auf den Hintern, ein hochgehobener Dirndlrock und ein absichtlich ins Dekolleté geschütteter Bierschwall sind die Bilanz von dreißig Metern" ( http://www.vice.com/de/read/die-rape-culture-wurde-nicht-nach-deutschland-importiert-sie-war-schon-immer-da-aufschrei-118 )

Sehen wir uns die Verhältnisse der Unterbringung und Befragung Geflüchteter in Deutschland an, finden wir in einem Extremmaß begünstigende Faktoren für sexualisierte Gewalt gegen Geflüchtete und eine von den Behörden hergestellte Befragungssituation, die jeglichen Standards der Vorbeugung vor (Re-)Traumatisierung widerspricht. (Falls das von Interesse ist: Ausführlicher zu diesem Thema - sexualisierte Gewalt und Flucht - haben Farid Hashemi, Torsten Linke und ich gerade einen Beitrag verfasst und sind wir auch gern zu Vorträgen bereit.)

Konkret zu Köln:

1) ZEIT: Die Ereignisse stellen sich nun so dar: "31 Tatverdächtige hat die Bundespolizei wegen der Übergriffe an Silvester ermittelt, 18 davon sind Asylbewerber. Sexualdelikte werden letzteren aber nicht angelastet. [...] Unter den 31 bekannten Verdächtigen der übrigen Delikte seien neun algerische, acht marokkanische, fünf iranische, vier syrische, ein irakischer, ein serbischer, ein US-amerikanischer und zwei deutsche Staatsangehörige." http://www.zeit.de/gesellschaft/2016-01/koeln-verdaechtige-asylbewerber-bundespolizei-silvester

2) Frankfurter Rundschau: "Auch gibt die Bundespolizei bekannt, dass sie nach bisherigem Stand 32 Straftaten festgestellt hat - mit 31 namentlich bekannten Tatverdächtigen. [...] Zwar seien wegen Sexualdelikten drei Strafanzeigen bei der Bundespolizei eingegangen, sagte der Sprecher weiter. Tatverdächtige seien in diesen Fällen aber nicht ermittelt worden." http://mobil.fr-online.de/cms/politik/uebergriffe-in-koeln-viele-nationalitaeten-unter-den-verdaechtigen,4232484,33480158,view,asFitMl.html

3) Deutschlandfunk: "Ungereimtheiten und Widersprüche bei der Polizei. [...] Aus der Bundespolizeibehörde heißt es, Flüchtlinge hätten grinsend ihre Aufenthaltstitel zerrissen. Nachfragen des DLF ergaben, das geht gar nicht: Es handelt sich um Scheckkarten-Formate. Nur ein begriffliches Problem? Oder mehr? Es gibt weitere Unklarheiten und Widersprüche." http://www.deutschlandfunk.de/silvesternacht-in-koeln-ungereimtheiten-und-widersprueche.1818.de.html?dram:article_id=341911

4) Weitere gute, weil ihren gründlichen Informations- und Diskussionsauftrag ernst nehmende, Beiträge sind auch die folgenden:

- Neues Deutschland: Angstmacherei mit System - In der Köln-Debatte werden laut Nadia Shehadeh sexistische Gesellschaftsstrukturen verschleiert und Missstände ethnisiert. http://www.neues-deutschland.de/artikel/997289.angstmacherei-mit-system.html

- taz: Seit der Kölner Silvesternacht wird einer sexismusfreien Zeit hinterhergetrauert. Die hat es in Deutschland nie gegeben. Von Hengameh Yaghoobifarah. http://taz.de/Gewalt-gegen-Frauen/!5263311/

-  Die Rape Culture wurde nicht nach Deutschland importiert – sie war schon immer da. Von Stefanie Lohaus und Anne Wizorek. http://www.vice.com/de/read/die-rape-culture-wurde-nicht-nach-deutschland-importiert-sie-war-schon-immer-da-aufschrei-118 (English translation: https://www.vice.com/en_uk/read/rape-culture-germany-cologne-new-years-2016-876 )

- Die rassistische Hysterie nach den Übergriffen in verschiedenen deutschen Städten schadet den Opfern, weil sie eine wirkliche Debatte über sexualisierte Gewalt verhindert. Von Margarete Stokowski. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/margarete-stokowski-ueber-sexualisierte-gewalt-a-1070905.html

- Antje Schrupp nach einem Beitrag... "Das rassistische Narrativ 'schwarzer Mann vergewaltigt weiße Frau' ist volle Kanne durchgeschlagen" [1] https://www.facebook.com/antjeschrupp/posts/10205704490195631 ; [2] http://www.stern.de/familie/leben/koeln---was-jetzt-zu-tun-ist--ein-gastbeitrag-von-antje-schrupp-6632962.html

- Musa Okwonga: "Wie umgehen mit den sexuellen Übergriffen in Köln und Hamburg?" http://www.okwonga.com/wie-umgehen-mit-den-sexuellen-ubergriffen-in-koln-und-hamburg/

- Bundesforum Männer: "Für das Bundesforum Männer steht fest, dass die bekanntgewordenen Straftaten in keiner Weise verharmlost oder gerechtfertigt werden dürfen. Genauso scharf weist das Bundesforum Männer jedoch zurück, dass die Geschehnisse als ressentimentbeladene Bestätigung für Stereotypen vom 'Flüchtlingsmann' instrumentalisiert und verallgemeinert werden." https://bundesforum-maenner.de/2016/01/koeln-hamburg-stuttgart-sexualisierte-gewalt-geht-nirgendwo/

Update [21.1.2016]

- FR: „Sexismus durchzieht unsere Gesellschaft“, Interview von Anne Wizorek gegenüber der Frankfurter Rundschau: http://www.fr-online.de/politik/angriffe-in-koeln--sexismus-durchzieht-unsere-gesellschaft-,1472596,33465600.html

- TAZ: „Die CSU entdeckt die Lügenpresse“ - Armin Nassehi über patriarchale Netzwerke, salonfähigen Rassismus und eine nach rechts driftende Sehnsucht nach einfachen Antworten. http://www.taz.de/!5263616/

-FR: „Kein Generalverdacht gegen Schutzsuchende“, Interview von Katharina Lumpp (Vertreterin für das UNHCR in Dtl.) gegenüber der Frankfurter Rundschau: http://www.fr-online.de/politik/uebergriffe-in-koeln--kein-generalverdacht-gegen-schutzsuchende-,1472596,33484326.html

- FR: „Männer sollen für Frauen kämpfen“, Lamya Kaddor im Interview mit der Frankfurter Rundschau: http://www.fr-online.de/politik/-maenner-sollen-fuer-frauen-kaempfen-,1472596,33483878.html

- malifuror, Beitrag von Malaika Bunzenthal: Rape Culture und rassistische Doppelmoral.

- ScienceBlogs: Geständnisse eines arabisch und nordafrikanisch aussehenden Menschen. http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2016/01/09/gestaendnisse-eines-arabisch-und-nordafrikanisch-aussehenden-menschen/

- Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. #ausnahmslos: http://ausnahmslos.org/

- Ein paar Jahrzehnte Frauenleben in Schland – Eine Bilanz. https://sandracharlottereichert.wordpress.com/2016/01/10/ein-paar-jahrzehnte-frauenleben-in-schland-eine-bilanz/

- Stellungnahme des Gender_Diversity Fachverbandes gegen SEXUALISIERTE GEWALT, RASSISMEN UND IDENTITÄRE GRENZZIEHUNGEN. http://www.gender-diversity.de/de-de/infosaktuelles.aspx

- ZDF: #ausnahmslos: Frauen wehren sich gegen Populisten. heute.de

- Tagessiegel: Manuela Schwesig unterstützt Initiative "#ausnahmslos" Sexismus in Deutschland nicht "importiert". Tagesspiegel

- SZ: Kampagne #ausnahmslos gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. SZ

- ZEIT: Twitter-Kampagne gegen sexuelle Gewalt - Prominente Feministinnen machen sich unter dem Hashtag #ausnahmslos gegen sexualisierte Gewalt stark – und wehren sich gegen eine Instrumentalisierung von rechts. ZEIT

- Publikative: Köln und die Konsequenzen: Der Sexismus der Anderen, von Helene Buchholz. Publikative

- Shehadistan zu #ausnahmslos. Online bei Facebook.

- ZEIT: Deutsche Respektlosigkeiten, Beitrag von Hilal Sezgin. ZEIT

- Stellungnahme des Betroffenenrats beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ( UBSKM ) zu den Fällen sexualisierter Gewalt in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten: Link

- ZEIT: Sind wir über Nacht zu einer feministischen Nation geworden?Von Christina Klemm und Sabine Hark. Link

Heinz-Jürgen Voß