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-    Zeit: 22. Mai 2018, 17:00 Uhr bis 18:30 Uhr
-    Ort: Hochschule Merseburg (Gartenhaus, Eberhard-Leibnitz-Str. 2)

Silas Schmidt von Wymeringhausen trägt aktuell mit seinen*ihren Beiträgen zur Ausstellung „generell frisch“ im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg zu einer offenen und toleranten Stadt Merseburg bei. Fokussiert auf schwule Inhalte - insbesondere Cruising - eröffnet der*die Künstler*in Reflexionsräume für schwule Kultur. Einige Reaktionen aus dem Museum sorgten für Aufmerksamkeit. Entrüstet über die als vulgär empfundene Sprachwahl in den Exponaten und die Darstellung auch erigierter Penisse verwendete eine Mitarbeiter*in des Museums mehrfach den Begriff „abartig“ in Bezug auf die gezeigten Exponate. Medial hat sich darauf hin eine Diskussion entfacht, die überregional und regional wirkte.

Aber worum geht es eigentlich? Und was können wir als produktiven Ertrag für unseren Landkreis und unsere Stadt Merseburg aus der Debatte ziehen? Dazu findet an der Hochschule Merseburg eine Diskussionsveranstaltung statt, die sich mit der Debatte um die Exponate „Cruising“ von Schmidt von Wymeringhausen befasst. Eingeladen hat Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß, Professor für Sexualwissenschaft und Sexuelle Bildung an der Hochschule, alle Beteiligten – und darüber hinaus weitere Personen, die zur Debatte beitragen können:

Als Diskussionspartner*innen sind eingeladen bzw. haben bereits zugesagt: Der Künstler Silas Schmidt von Wymeringhausen (zugesagt), Heiner Schulze vom Schwulen Museum* in Berlin (zugesagt), ein*e Vertreter*in des Kulturhistorischen Museums Schloss Merseburg bzw. des Landkreises (angefragt), ein*e Vertreter*in des Berufsverbandes Bildender Künstler Sachsen-Anhalt (angefragt).

Bei der Veranstaltung soll es darum gehen, (a) unterschiedliche Positionen zu Kunstwerken auszuhalten und (wertschätzend) miteinander ins Gespräch zu bringen, (b) Freiheiten und Möglichkeiten der Kunst zu diskutieren und (c) auch auf die Sprachwahl in einer auch einmal „derb“ geführten Auseinandersetzung zu schauen. Auch in der Ablehnung von Werken und Positionen können einmal Begriffe fallen, wie „scheußlich“, „unangemessen“, „vulgär“ o.ä. – hingegen sind in Deutschland noch immer allzu rasch nazistische Begriffe wie „abartig“ bei der Hand, deren nazistische Prägung der Dresdner Romanist Victor Klemperer in seinem Band LTI („Lingua tertii imperii“, dt. „Die Sprache des Dritten Reiches“) aufgezeigt hat, ein Band der immerhin zu DDR-Zeiten Pflichtlektüre an Schulen war.

Bei der Veranstaltung wird es um gewinnenden Austausch gehen. Nach einer Diskussion auf dem Podium haben auch Sie die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich in die Diskussion einzubringen. Ziel ist, dass wir alle etwas mit der Debatte gewinnen können.

In gewissem Maße als „Warm-up“ findet bereits eine Woche zuvor, am 16. Mai um 12:40 Uhr (bis 13:20 Uhr), die bereits seit längerem von der Hochschule Merseburg angekündigte  Lunch lecture mit dem Titel "'Auf der Suche nach einer verrufenen Klappe...' Von Klappen (Klappensex) und heutigem queeren Widerstand" statt, bei der Heinz-Jürgen Voß über neuste Erkenntnisse zur schwulen Klappenkultur referiert.

Silas Schmidt von Wymeringhausen trägt aktuell mit seinen*ihren Beiträgen zur Ausstellung "generell frisch" im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg zu einer offenen und toleranten Stadt Merseburg bei. Fokussiert auf schwule Inhalte - insbesondere Cruising - eröffnet der*die Künstler*in Reflexionsräume für schwule Kultur. Einige Reaktionen aus dem Museum sorgten für Aufmerksamkeit - und weisen auf eine eher befremdliche, intolerante Sicht hin - siehe hier, bei Queer.de.

Da Merseburg auch meine Stadt ist und ich mich seit Jahren - u. a. an der dortigen Hochschule, aber auch in der städtischen Zivilgesellschaft - für Toleranz und Akzeptanz und gegen Homofeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus einsetze, ist es mir ein Anliegen, hier eine produktive Klärung herbeizuführen. Merseburg hat einiges vorzuweisen - u. a. den einzigen konsekutiven sexualwissenschaftlichen Studiengang in der Bundesrepublik! Auch das Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg hat sich immer wieder für Offenheit und Toleranz eingesetzt, so dass mich die aktuelle Reaktion sehr überrascht. Es würde mich sehr freuen, wenn eine moderierte Diskussion mit den Beteiligten stattfinden würde.

Passend zur Ausstellung von Silas Schmidt von Wymeringhausen findet aktuell an der Hochschule Merseburg übrigens die folgende Veranstaltung statt:

16.5.2018, 12:30 bis 13:15 Uhr: "'Auf der Suche nach einer verrufenen Klappe...' Von Klappen (Klappensex) und heutigem queeren Widerstand"

Ausgehend von Betrachtungen zur Klappenkultur in Westberlin – und ihre Beurteilung durch Aktivist*innen aus anderen europäischen Ländern, etwa durch Guy Hocquenghem – wendet sich der Sexualwissenschaftler Heinz-Jürgen Voß (Hochschule Merseburg) aktuellen bedrohlichen gesellschaftlichen Entwicklungen zu. Er schildert, wie rechte Strömungen zunehmend Diskurse bestimmen, und verweist – unter anderem in Anschluss an die lesbische Aktivistin Jutta Oesterle-Schwerin – darauf, dass unter dem Deckmantel aktueller gesellschaftlicher Normierungen neue (gewalttätige) Restriktionen eingeführt werden. Voß fragt und stellt zur Diskussion: Wie können wir etwa den von Hubert Fichte positiv geprägten Begriff „Verschwulung“ behaupten – gegen „unsere“ eigene Geschichtsvergessenheit und gegen rechte Vereinnahmung?

Heinz-Jürgen Voß