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PSY-Katzer-2546-v03.indd"Geschlechtliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung" (Gießen 2016: Psychosozial-Verlag) ist ein innovativer und praxisorientierter Sammelband. Themen in den drei im Titel benannten Schwerpunkten sind: Trans* // Intergeschlechtlichkeit // Asexualität // 'Sexualität und Gefängnis' // Recht auf Abtreibung // Behinderung und reproduktive Selbstbestimmung // geschlechtliche und sexuelle Vielfalt. Weitere Informationen zum Band gibt es hier (inkl. Link zum kostenlosen Download): http://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/cPath/1000/products_id/2546

Über dein und Ihr Interesse würden wir uns freuen - auch über Rezensionen. Ein Rezensionsexemplar kann bei mir ( voss_heinz@yahoo.de , wird ab 10. März verschickt) oder direkt beim Verlag angefordert werden ( Melanie Fehr, melanie.fehr@psychosozial-verlag.de ). Auch über weitere Rückmeldungen freuen wir uns!

Liebe und herzliche Grüße
Heinz-Jürgen Voß

Geschlechtliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung: Praxisorientierte Zugänge
Michaela Katzer, Heinz-Jürgen Voß (Hg.)

Buchreihe: Angewandte Sexualwissenschaft
Verlag: Psychosozial-Verlag
2016 / 358 Seiten, 36,90 Euro
ISBN-13: 978-3-8379-2546-3
Informationen: http://www.psychosozial-verlag.de/catalog/product_info.php/cPath/1000/products_id/2546
Inhaltsverzeichnis und Leseprobe: http://www.psychosozial-verlag.de/pdfs/leseprobe/9783837925463.pdf

Das Buch gibt es nun auch zum kostenlosen Download (OPEN ACCESS, PDF-Datei): Psychosozial-Verlag.

Klappentext:
Selbstbestimmung geht über die Überwindung bzw. Abwesenheit von äußerem Zwang hinaus. Sie erfordert positives Bewusstsein über Möglichkeiten eigenen Handelns mit einem Spektrum von Anpassung bis Ausbruch. Geschlechtliche Selbstbestimmung schließt Abweichung, Veränderung und Deutungshoheit über körperliche Geschlechtsmerkmale ein.

Im vorliegenden Buch wird »Selbstbestimmung« im sexualwissenschaftlichen Diskurs aus akademischer und aktivistischer Perspektive betrachtet. Die Beiträge beleuchten Aspekte von Inter- und Transsexualität, Asexualität, Sexualität unter Haftbedingungen, im Kontext von Behinderung sowie außerhalb heterosexueller Paarbeziehungen. In ihrer Vielfalt sind die Beiträge Zeitzeugnis, geben zugleich einen Ausblick auf die Zukunft und tragen dazu bei, gängige Denkschablonen zu überwinden.

Mit Beiträgen von Anne Allex, Markus Bauer, Heike Bödeker, Jens Borchert, Diana Demiel, Andreas Hechler, Michaela Katzer, Torsten Klemm, Katja Krolzik-Matthei, Anja Kruber, Alina Mertens, Andrzej Profus, Nadine Schlag, Heino Stöver, Manuela Tillmanns, Daniela Truffer, Heinz-Jürgen Voß und Marlen Weller-Menzel

Kleiner Hinweis auf ein kurzes Video beim Kinderkanal KiKa über einen Trans*-Jungen:

Nachdem in Australien bereits 2011 eine Regelung getroffen wurde, die einen dritten Geschlechtseintrag - X = "unbestimmt", F = "weiblich", M = "männlich" - in Reisepässen erlaubt, hat nun ein Berufungsgericht entschieden, dass auch in behördlichen Formularen nicht eines von zwei Geschlechtern verwendet werden muss. Das Gericht erklärte dabei, "das Wort Geschlecht habe nicht die binäre Bedeutung "männlich" oder "weiblich"". (Spiegel online berichtete am 1. Juni 2013)

Bereits die Änderung im Jahr 2011 sollte insbesondere Zwänge gegen intergeschlechtliche (intersexuelle) Menschen verringern, aber auch für Trans* eine Wahlmöglichkeit eröffnen. In den Regelungen bleibt aber die Medizin weiterhin bestimmende Instanz. Nicht jeder Mensch kann einen Geschlechtseintrag wählen, sondern erst wenn ein_e Ärzt_in eine entsprechende sichere Diagnose gestellt hat. Kritik von Inters*- und Trans*-Selbstorganisationen ist aber gerade die Bedeutung der Medizin: Anstatt gesellschaftlich geschlechtliche Vielfalt zu akzeptieren, würde medizinisch alles durch eine pathologisierende Brille gesehen (vgl. Kritiken Intergeschlechtlicher an einer Regelung im Dt. Bundestag / "Stop Trans*-Pathologisierung").

Gegen medizinische Definitionshoheit ist noch einiges zu tun!

Unbedingt empfehlenswert: "Stop Trans*-Pathologisierung". Seit 2007 hat sich durch die internationale Kampagne "STP-2012" der Kampf gegen die Pathologisierung, die institutionelle und alltägliche Gewalt gegen Trans*-Personen intensiviert. Dabei konnten von den streitenden Trans*-Menschen einige Erfolge erzielt werden - unter anderem gerade in Bezug internationale Vernetzung, kommunalen Aktivismus und intersektionale Weiterentwicklung der Forderungen.

Der vorliegende Band bereitet die neueren Entwicklungen auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Theoriebildung und des politischen Aktivismus auf. Die Autor_innen heben dabei deutlich heraus, wie gerade die Institution Medizin an der Gewalt und Unterdrückung von Trans*-Personen Anteil hat, dadurch dass sie Trans*-Menschen als "krank" stigmatisiert. Die Medizin ist dabei in aktuelle normalisierende gesellschaftliche Entwicklungen eingebunden. D. Demiel schreibt dazu im Band:

"Die heutige Neubelebung stigmatisierender Zuschreibungen gegen Trans* genauso wie insbesondere gegen die so genannten Verlierer_innen der Konkurrenz- bzw. Leistungsgesellschaft darf nicht weiter zugelassen, der Rechtsruck der Gesellschaft nicht weiter stillschweigend in Kauf genommen, Vorurteile dürfen nicht weiter reproduziert bzw. Ängste nicht mehr geschürt werden. Es gilt, die Ursachen und Verursacher_innen für komplexe soziale Probleme klar zu benennen und vereinfachende Lösungsansätze [...] abzulehnen. Rassismus und Ausgrenzung sind Standbeine einer Wirtschaftslogik, die Menschen auf ihren bloßen 'Nutzen' (Mehrwert) bzw. ihre 'Verwertbarkeit' reduziert, sie erpressbar und manipulierbar macht sowie sie entsolidarisieren soll." (S.21)

Insgesamt bietet der Band einen wichtigen fundierten Überblick und macht klar, dass Streiten, das erfolgreich sein soll, 1) international vernetzt, 2) kommunal verankert und 3) intersektional - also mit Blick auf die Verschränkung von Rassismus, Sexismus und Klassismus - erfolgt.

Anne Allex (Hg.)
Stop Trans*-Pathologisierung

Berliner Beiträge für eine internationale Kampagne
ISBN 978-3-940865-36-6 I 2012 I 9,50 EUR
Verlagsinformationen