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Liebe Leute,

ich bin eben über diese Ausschreibung der Universität Oldenburg gestolpert, in der sich nun offenbar "Gender mainstreaming" schon ins Gegenteil verkehrt - Männer nämlich offenbar in Bereichen begünstigt werden sollen, in denen derzeit mehr Frauen beschäftigt sind. Dagegen erweisen sich ja die männlich dominierten Bereiche stets als "harte Nüsse" - ein Aufbrechen ist dort schwierig, weil gerade die männlich geprägten Bereiche prestigeträchtig und lukrativ sind (im Gegensatz zu den weiblich dominierten Bereichen).

Hier die entsprechende Passage der Universität Oldenburg: "Die Carl von Ossietzky Universität Oldenburg will die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern besonders fördern und fordert deshalb das in dem Bereich unterrepräsentierte Geschlecht auf, sich zu bewerben." (volle Quelle: http://www.uni-oldenburg.de/stellen/?stelle=61654 )

Noch deutlicher findet sich das in einer entsprechenden Anzeige der Universität Hildesheim: "Die Stiftung Universität Hildesheim will die berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern besonders fördern. Sie strebt eine Erhöhung des Männeranteils an in Bereichen, in denen Männer unterrepräsentiert sind. Daher sind Bewerbungen von Männern besonders erwünscht." (Volltext: https://www.uni-hildesheim.de/index.php?id=6509&tx_ttnews[tt_news]=7036&cHash=c417898d373ee6625cb7ab539e6a98d8 )

Ich denke, dass solche Umdeutungen nicht einreißen dürfen, sondern es um eine konsequente Frauenförderung gehen muss, um Männerdominanz an den Universitäten zu brechen. Selbstverständlich müssen dabei mehr als bisher auch Women of Color berücksichtigt werden.

Vielleicht hat die_der eine oder andere (oder z.B. KEG oder FG Gender) Möglichkeiten, wirkungsvoll zu intervenieren? Auch die neue rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen sollte hier dringenden Handlungsbedarf sehen und mit dieser Macho-Politik an den Hochschulen Schluss machen!

An dieser Stelle sei auf einen lesenswerten Beitrag bei Queer.de verwiesen: Wissenschaftler_innen kritisieren bereits seit längerem, dass in der medialen Berichterstattung gleichgeschlechtliches sexuelles Verhalten unter Tieren als "homosexuell", "schwul" und "lesbisch" bezeichnet wird. Verhaltensweisen unter Tieren könnten nie unter diesem identitäten verständnis gefasst werden (vgl. etwa hier und hier).

Nun kritisieren Wissenschaftler_innen um Dr. Brett Mills, dass in Tierdokumentationen sexuelle Verhaltensweisen, die dem heterosexuellen Denken der Filme-Macher_innen widersprechen, schlicht weggelassen werden. Besteigt etwa ein Männchen ein anderes, geht das in die Tierdokumentationen nicht ein, sondern wird aus dem Rohfilmmaterial herausgeschnitten. Es handelt sich also quasi um Zensur solchen Materials, dass nicht den normativen Vorstellungen der Filme-Macher_innen entspricht...

Der Beitrag bei Queer.de.

Inhaltlich auf diesem Blog:
Geschlecht und Sexualität in Schulbüchern – weiterhin heteronormativ.
Dass Tiere Sex nur zu Zwecken der Fortpflanzung betrieben, sei kompletter Unsinn.

Wissenschaftlich fundiert zu gleichgeschlechtlichem sexuellen Verhalten bei versch. Tierarten:
Bruce Bagemihl (1999): Biological Exuberance: Animal Homosexuality and Natural Diversity. St. Martin’s Press (Hardcover).
Joan Roughgarden (2004 / 2009): Evolution’s Rainbow: Diversity, Gender, and Sexuality in Nature and People. University of California Press.
Smilla Ebeling (2006): Alles so schön bunt. Geschlecht, Sexualität und Reproduktion im Tierreich. In: Ebeling, Kirsten Smilla, Schmitz, Sigrid (Hrsg.): Geschlechterforschung und Naturwissenschaften – Einführung in ein komplexes Wechselspiel. Wiesbaden. VS Verlag.

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Die überraschende NEURegelung des Personenstandes im Deutschen Bundestag stößt auf die Kritik der Selbstorganisationen intergeschlechtlicher Menschen. Mit der Regelung soll der Artikel 22 um die folgende Passage erweitert werden: "Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen." Die Vereinigungen intergeschlechtlicher Menschen kritisieren u.a., dass ihrer zentralen Forderung nach dem Ende der gewaltsamen und traumatisierenden geschlechtszuweisenden medizinischen Eingriffe nicht nachgekommen wird. Zudem könnten sich mit der Regelung problematische Auswirkungen für intergeschlechtliche Menschen wie Zwangsoutings ergeben.

Mitteilung Zwischengeschlecht.info: Staatliches Zwangsouting für "Intersex-Kinder" - Freipass für GenitalabschneiderInnen

Mitteilung Zwischengeschlecht.info - Intersex-Fakten

PM IVIM Mogelpackung für Inter*: Offener Geschlechtseintrag keine Option

Recht guter Beitrag bei Queer.de - Personenstandsgesetz an Intersexuelle angepasst, Deutliche Kritik an neuer Regelung

Bei einer aktuellen Rede im Deutschen Bundestag hat die Abgeordnete Ulla Jelpke (Die Linke) die Abgeordneten aller Fraktionen und die Bundesregierung noch einmal eindringlich darauf hingewiesen, dass es notwendig ist die Rechte sowohl Intersexueller als auch Transsexueller zu stärken. Ist die rede auch dem Anlass entsprechend notwendig kurz gehalten - und mangelt es so auch an begrifflicher Differenzierung - so schließt Jelpke mit dieser Rede an das andauernde Engagement an, das ihre Fraktion in Bezug auf freie Entfaltung der Geschlechtsidentität, gegen die traumatisierenden geschlechtszuweisenden Eingriffe, die sich gegen intergeschlechtliche Menschen richten und für freie Gestaltung der sozialen Beziehungen zwischen Menschen (erinnert sei hier an das "Wahlverwandtschaftsmodell") eintritt. Eine Auflistung der Initiativen der letzten Jahre zu Intersexualität / Intergeschlechtlichkeit findet sich hier - bereits in den 1990er Jahren stellte die Fraktion Anfragen zur Situation intergeschlechtlicher Menschen, die allerdings von der Bundesregierung stets sehr zurückhaltend beantwortet wurden.

66 Abgeordnete des Deutschen Bundestages hatten im vergangenen Jahr einen alternativen Gesetzentwurf zur Vorhautbeschneidung eingebracht (Drucksache 17/11430), der - hätte er Erfolg gehabt - in letzter Konsequenz jüdisches Leben in der Bundesrepublik Deutschland unmöglich gemacht hätte. Hans Guggenheim hat nach Bekanntwerden des Gesetzentwurfes alle 66 Abgeordneten mit einem offenen Brief angeschrieben. Lediglich von 12 der Abgeordneten erhielt er darauf hin eine Antwort, worauf Guggenheim erwiderte - also auf etwaige Frage von Abgeordneten antwortete bzw. deren Argumentation entgegnete. Freundlicherweise hat Hr. Guggenheim dieses Material zur Verfügung gestellt und zugestimmt, es an dieser Stelle zugänglich zu machen. Ich denke, dass dieses Material gut geeignet ist, um die Debatte zu reflektieren und später wissenschaftlich aufzuarbeiten. Hier ist das Material als pdf-Datei (13,4 MB) - herzlichen Dank dafür!

"Für eine frühe Zirkumzision ergeben Studien einige positive Effekte, insbesondere in Bezug auf Harnweginfektionen. Die Studien zu Harnweginfektionen […] ergeben durchweg ein deutlich (auch signifikant) geringeres Auftreten dieser Infektionen bei beschnittenen im Vergleich zu unbeschnittenen Jungen. Unbeschnittene Jungen hatten etwa zehnmal so häufig Harnweginfektionen wie beschnittene. So ermittelten Wiswell et al. (1989, USA) aus den Angaben der zwischen 1980 und 1985 in Krankenhäusern der US-Armee geborenen Jungen, dass bei 20 der 100.157 beschnittenen Jungen Harnweginfektionen auftraten; bei den 35.929 unbeschnittenen war das bei 88 der Fall. In einer Folgestudie für die Jahre 1985-1990 (Wiswell et al. 1993, USA) ergab sich ein ähnlich deutlicher Unterschied […]. Schoen et al. (2000, USA) erhielten aus einer Studie mit 14.893 im Jahr 1996 geborenen Jungen 132 aufgetretene Harnweginfekte – davon 86 Prozent bei den unbeschnittenen Jungen, die mit 35,1 Prozent (5.225) den kleineren Teil der Gruppe ausmachten. Damit erkrankten 2,15 Prozent der unbeschnittenen und 0,22 Prozent der beschnittenen Jungen im ersten Lebensjahr an einem Harnweginfekt. Ein Review zur Frage Harnweginfekte und Zirkumzision liegt mit Singh-Grewal et al. (2005, Australien) vor – er bestätigt das höhere Risiko einer Harnweginfektion bei unbeschnittenen Jungen. […] Morris et al. (2012) errechneten, dass auf 50 Zirkumzisionen eine »verhinderte« Harnweginfektion im frühen Kindesalter komme, betrachtet auf die ganze Lebenszeit sei das Verhältnis vier (Zirkumzisionen) zu eins (»verhinderte« Harnweginfektion)." Ausführlich der Beitrag von Dr. Heinz-Jürgen Voß in: Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“ (das angeführte Zitat stammt von S.68)
Das Postulat vermeintlich 'häufig auftretender Traumatisierungen' ist nicht haltbar. Wissenschaftliche Studien konnten diese nicht zeigen. Etwa "Moses et al. (1998, Kanada) konnten bei ihrer Recherche »anekdotische«, jedoch keine wissenschaftlichen Beiträge" zu Traumatisierungen finden. Auch seriöse spätere Arbeiten kamen zu keinen anderen Ergebnissen. Auch hierzu ausführlich im benannten Buch (das angeführte Zitat stammt von S.74).

Die medizinischen Daten sprechen also für Vorhautbeschneidungen bzw. widersprechen diesen zumindest keineswegs. Der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery äußerte sich entsprechend klar und kritisierte das Urteil des Kölner Landgerichts. In einer Pressemitteilung vom 1. Juli 2012 schreibt er: »Das Urteil des Kölner Landgerichts ist für die Ärzte unbefriedigend und für die betroffenen Kinder sogar gefährlich […] Es besteht nun die große Gefahr, dass dieser Eingriff von Laien vorgenommen wird und so – allein schon wegen der oft unzureichenden hygienischen Umstände – zu erheblichen Komplikationen führen kann.« (Bundesärztekammer 2012) Ähnlich äußerte sich die Deutsche Gesellschaft für Urologie. Die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie warnte vor den Auswirkungen, die mit der »Missachtung [von] kulturellen und religiösen Identität[en]« verbunden sein könnten, und regte zu toleranter gesellschaftlicher Aushandlung an (DGPT 2012). (vgl. ausführlich ebenda, S.51ff)

Vor der Landtagswahl in Niedersachsen: Was ist von den jewiligen Parteien zu erwarten? Ralf Buchterkirchen hat sie sich insbesondere bzgl. Lesben, Schwulen, Trans*-Personen und Intergeschlechtlichen angesehen - einerseits für die Arbeit der letzten fünf Jahre und was die Wahlprogramme versprechen: http://www.verqueert.de/5-years-niedersachsen-vor-den-wahlen/

Weder vom Wohlfühlen her noch aus medizinischer Sicht ergibt sich eine klare Positionierung zur Beschneidung. Gegner ignorieren die antisemitischen und antimuslimischen Auswirkungen der Verbotsdebatte.

"Was magst du lieber: cut oder uncut?" war eine der beliebten Umfragen in schwulen Medien. Dabei ging es um Empfindung, Spaß am Blasen und am Ficken; es ging um Vorlieben. Mit der "Beschneidungsdebatte" der letzten Monate kam auf einmal ein ganz neues Gefühl auf: Statt sich einfach etwa zu schnellem unproblematischen Sex verabreden zu können, musste man sich vorsehen nicht unversehens in ein psychologisches Gespräch zu geraten, indem das Un/Cut diskutiert oder gar problematisiert wurde. Also: Therapiesitzung oder Therapiegedanken im Hinterkopf, statt des unverfänglichen Sexes. ...

weiter bei: Queer.de
zum Buch: Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte"

Zur Debatte um die "Zwangstestung" auf HIV und Hepatitis habe ich gestern als eingeladene_r Sachverständige_r in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages Sachsen-Anhalt eine Stellungnahme vorgetragen. Hier ist sie nachzulesen.

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Hier findet sich eine kurze Übersicht über Rezensionen zu "Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte"":

Das Fachportal MiGAZIN, ausgezeichnet mit dem Grimme Online Award 2012, empfiehlt "Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte" als "Buchtipp zum Wochenende". Es stellt dabei einen Exklusivauszug vor, "Die Beschneidungsdebatte bedeutet eine neue Eskalationsebene des Diskurses der »Integration«, der in der Bundesrepublik nach den Pogromen der frühen 1990er Jahre dominant zu werden begann und mit den geistigen und faktischen Brandstifter_innen von damals und heute die Prämisse teilt, dass die Realität von Migration in Deutschland nichts zu suchen habe." weiter

Sonja Vogel hat in taz.die tageszeitung den Band "Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte"" sehr positiv besprochen. Unter dem Titel "In den Hosen der anderen" zeichnet die taz-Kolumnistin die deutsche Beschneidungsdebatte und die dort geäußerten Vorannahmen Mehrheitsdeutscher nach. Zur Besprechung.

Lisa Krall besprach das Buch in der Zeitschrift "analyse & kritik" (Februar 2013). Krall schreibt unter anderem: "Die drei AutorInnen liefern eine kritische Analyse und Hintergrundinformationen zu der Debatte, die von antimuslimischen und antisemitischen Tendenzen sowie Unwissen über Vorhautbeschneidungen geprägt war. [...] Bleibt zu hoffen, dass sich eine kritische Auseinandersetzung gemäß dem Wunsch der AutorInnen über die Fachkreise hinaus etabliert - ein Blick in den kleinen Band lohnt sich dafür allemal." Zur vollständigen Rezension.

Koray Yılmaz-Günay hat Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte" auf der Online-Rezensionsplattform "Kritisch lesen" besprochen. In der Besprechung heißt es unter anderem: "Dem Wesen einer „Intervention“ entsprechend kommt das Buch erst nach einem ganz wesentlichen Teil der Debatte. Es ist aber sicher kein Buch, das „zu spät“ kommt. Denn in der Tat ist die „Beschneidungsdebatte“ weder ohne ihre Vorgeschichte und ihre Kontexte zu verstehen – noch wird sie der Schlusspunkt einer Auseinandersetzung um die Anerkennung der multiethnischen und multireligiösen Zusammensetzung der bundesrepublikanischen Gesellschaft sein. Es gibt keinen Anlass, die Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch für das Ende dieser Debatte zu halten. Die immer neue Auseinandersetzung um Geschlecht und Sexualität bei „Muslim_innen“ (Kopftuch, Hypermaskulinität, Homophobie, Zwangsverheiratungen, „Ehrenmorde“ et cetera) wie auch das immer weitere Aufweichen des anti-antisemitischen Grund-Konsenses der BRD stehen in einem Zusammenhang mit Debatten um die Neudefinition der deutschen Nation, die seit dem Ende der West-Ost-Konfrontation stattfinden. Ohne die „Sarrazin-Debatte“, die einer breiten Schicht gezeigt hat, wie viele Dämme schon gebrochen sind und was alles (wieder) denk- und sagbar ist, wäre das Gespräch um den kleinen Unterschied nie entstanden oder aber anders geführt worden. Die Erkundungstruppen dessen, wer unter welchen Umständen und in welchem Umfang zum neuen deutschen „Wir“ gehören darf – so viel lässt sich über den Zwischenstand sicher sagen –, kommen immer ungehaltener daher. Demgegenüber sind die hegemoniekritischen Beiträge in diesem Band nicht geschichtsvergessen. Sie sind nicht blind gegenüber aktuellen Ausprägungen von Rassismus und Antisemitismus. Sie sind patriarchatskritisch und in vielerlei Hinsicht (aus-)wegweisend in einem Umfeld, das zunehmend die Rede über etwas mit dem Etwas selbst verwechselt." zur vollen Rezension

Eine weitere Besprechung verfasste Ralf Buchterkirchen für Freitag.de und Verqueert.de. Darin würdigt er das Buch und schreibt unter anderem: „Das Buch wirft einen spannenden Blick auf eine emotional aufgeheizte und nicht selten rasstisch verlaufende Debatte [...] Egal wie man in der Debatte steht, bietet der Band wichtige – und zudem wissenschaftlich fundierte! – Anregungen zum Weiterdenken. Er bietet zugleich die unabdingbare Grundlage, auf der man überhaupt nachdenken kann, wie emanzipatorische Religionskritik aussehen kann.“ Zur vollen Rezension bei Verqueert.de / bei Freitag.de.

G. Reinsdorf besprach "Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte"" bei "Denkladen" und schreibt u.a.: "Heinz-Jürgen Voß setzt sich mit dem medizinischen Teil der Debatte auseinander, lässt den Forschungsstand Revue passieren, erörtert die Folgen einer Beschneidung für die Sensitivität des Penis und das Infektionsrisiko. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass die Risiken ernster Komplikationen bei steriler und fachlich geeigneter Ausführung sehr gering sind. Die Stellungnahmen einiger ärztlicher Fachverbände kritisiert er in diesem Zusammenhang."

In seiner Rezension für den "Humanistischen Pressedienst" (hpd) mit dem Titel „Religionskritik als Sprachrohr des Rassismus“ schreibt Gunnar Schedel unter anderem: "Voß’ Argumentation [bereichert] mit seinem kritischen Blick auf die Auseinandersetzung um „medizinische Definitionsmacht“ die Debatte. [...] Çetin & Wolter gehen davon aus, dass die ganze Kontroverse von 'einem ehrgeizigen Juristen, der sich einen Namen machen wollte', lanciert wurde. Indem die Beschneidung in Frage gestellt werde, habe dies für Juden und Muslime zur Folge, 'entweder illegal zu handeln oder das Land zu verlassen'. Die ganze Diskussion sehen sie als 'neue Eskalationsstufe des Diskurses der ‘Integration’', der darauf hinauslaufe, 'dass die Realität von Migration in Deutschland nichts zu suchen habe'." (http://hpd.de/node/14968)

"Gebirgsziege" urteilt bei Amazon: "Wer die Kommentarspalten der letzten Wochen gelesen hat, war schlichtweg schockiert. Dort breitete sich ein vulgärer antimuslimischer und antisemitischer Hass aus. Daher ist dieses Buch wichtig. Es setzt diesem Hass etwas entgegen: Wissen! Den drei Autoren gelingt es sowohl den Debattenverlauf der "Beschneidungsdebatte" in Deutschland minutiös nachzuzeichnen und sich fundiert mit Argumenten in der Debatte - aus Basis "Kritischer Theorie" - auseinanderzusetzen. Im Anschluss daran wird auch den Vorannahmen in Bezug auf Empfindungsfähigkeit unbeschnittener und beschnittener Penisse der aktuelle medizinische Kenntnisstand entgegengestellt. Auch wenn damit letztlich wieder Medizin zentral bleibt, scheint auch die medizinische Argumentation in dieser Debatte nötig. Hochachtung für diesen klugen Band!" (online)

Felix Riedel diskutierte den Band auf seinem Blog. Er formuliert die Assimilation der Juden als Ausweg aus der Problematik, dass in jüdischer Tradition die Vorhautbeschneidung als wichtig genommen wird. Die Forderung danach, dass auch jüdische Tradition in Deutschland möglich sein muss, bezeichnet er als "emanzipationsfeindlichen Zynismus" - die Traditionen selbst als "Folklore", der "in Deutschland ein Plätzchen freigeräumt worden" sei. Konkret schreibt er zur Assimilation: "Historisch hat die Säkularisierung Europas den Juden die Möglichkeit zur Assimilation eröffnet, und dadurch Juden wiederum in Konflikt zum Judaismus treten lassen: Entstehungspunkt unter anderem des säkularen Zionismus und des Reformjudentums. Den gängigen Forschungsbefunden zufolge war es dieser Assimilationsprozess, den die modernen Antisemiten abwehrten und der für diese die nachträgliche rassistische Bestimmung des Jüdischen als Körpereigenschaft erforderlich machte – wozu die Beschneidung den Antisemiten ein eher willkommenes Hilfmittel war." Er fordert eine abstrakte Solidarität mit Israel ein - sowohl das Leben jüdischer Tradition in Deutschland als auch Antisemitismus in Deutschland erscheinen vor diesem Hintergrund zweitrangig; die Positionierungen des Zentralrats der Juden und Israels zur rassistischen deutschen Beschneidungsdebatte müssen vor einer solchen Einordnung nicht zur Kenntnis genommen werden.(http://nichtidentisches.wordpress.com, 25.12.2012)

"Buch des Monats": Christine Buchholz rezensierte die "Interventionen" in marx21 (Februar / März 2013). Sie schreibt u.a.: "Das kleine, handliche und verständlich geschriebene Buch liefert nicht nur wichtige sachliche Argumente. Es ist vor allem deshalb so wertvoll, weil es gezielt in die Debatte innerhalb der gesellschaftlichen Linken eingreift. Denn es gehört zu den Paradoxien der Beschneidungsdebatte, dass Politiker von CDU und FDP Ansichten im Sinne einer toleranten, multikulturellen Gesellschaft vertreten haben, während die Positionen, die praktisch die Religionsfreiheit infrage gestellt haben, aus den Reihen von SPD, Grünen und LINKEN kamen." Die vollständige Besprechung findet sich in der aktuellen "marx21", die es an vielen Kiosken gibt (u.a. überall im Bahnhofsbuchhandel).

In der Online-Zeitschrift verrönscht und zugenetzt wurde das Buch wie folgt besprochen: "Das - schnell gelesene - Heft »will dazu anregen, hegemoniale Elemente in den eigenen Positionen festzustellen und sich selbst zu fragen: Wer kann an welcher Stelle und mit welchem Gewicht sprechen, wer nicht - und warum?« Wichtig ist diese Frage, um zu einer differenzierten Position in der »Beschneidungsdebatte« zu gelangen. Oft genug geht es wird das Problem nämlich auch in sich als emanzipatorisch verstehenden Kreisen auf ein Problem der »körperlichen Selbstbestimmung« gegen »Religion« verkürzt. Der Beitrag von Zülfukar Çetin und Salih Alexander Wolter entwickelt unter anderem über Horkheimer/Adorno und Foucault eine Position für das Recht auf Beschneidung, die von dieser Einfachheit weit entfernt ist."

In Stimme – Zeitschrift der Initiative Minderheiten besprach Petra M. Springer das Buch „Interventionen gegen die deutsche „Beschneidungsdebatte“" und schreibt unter anderem: „Die Autoren weisen darauf hin, dass die Beschneidungsdebatte als Teil des Integrationsdiskurses zu sehen ist. Es werde nicht gleichberechtigt diskutiert und man könne nicht körperliche Selbstbestimmung und Religion einfach gegenüberstellen. Die Diskussion finde in einem gesellschaftlichen Rahmen statt, der von normativen Setzungen und von Herrschaft geprägt ist. Vor allem die westliche, weiße, primär männliche, heteronormative und christlich/protestantische Gesellschaft würde sich aufgrund der Beschneidung von Muslimen und Juden bedroht fühlen. Unter dem Deckmantel der Menschen- und Kinderrechte verberge sich letztendlich anti muslimischer Rassismus und latenter Antisemitismus.“ Petra M. Springer, in: Stimme – Zeitschrift der Initiative Minderheiten, Nr. 86, S.33.

Hagen Blix schreibt in der Zeitschrift der Österreichischen HochschülerInnenschaft unique (4/2013): "Im ersten Teil des Buches zeigen Zülfukar Çetin und Salih Alexander Wolter auf, dass das Verschmelzen von antimuslimischem Ressentiment und Antisemitismus in der Debatte kein Zufall ist. Die Grundstruktur der vorgebrachten Kritik ist von Argumentationsmustern einer protestantischen 'Zivilisierungsmission' durchdrungen. [...] Im zweiten Teil stellt der kritische Biologe Heinz-Jürgen Voß der 'Wissenschaftlichkeit' der Beschneidungsgegner_innen eine Übersicht über medizinische Untersuchungen zur Beschneidung entgegen. Diese zeigen, dass deren Behauptungen so unhaltbar sind wie Vergleiche mit der Zwangsoperation Intersexueller oder weiblicher Genitalverstümmelung unangebracht und misogyn."

In einer Besprechung des Buches in der Zeitschrift Rosen auf den Weg gestreut heißt es: "Mit Adorno, Horkheimer und Foucault arbeiten die Autoren die christliche Prägung des Konzepts der Religionsfreiheit, wie sie gegen die Beschneidung in Anschlag gebracht wird, heraus und kritisieren den normativen Anspruch der Wissenschaft in der kapitalistischen Gesellschaft. Im Alltag schlägt sich dieser in einem nicht nur fach-idiotischen Expertentum nieder [...]. Der Band bietet wertvolle Argumente für Interventionen gegen den Antisemitismus und Rassismus, die in der Beschneidungsdebatte virulent geworden sind. Interventionen, die sich – auch wenn diese Debatte vorläufig vorbei ist – lohnen." (PDF-Volltext des insgesamt sehr empfehlenswerten Heftes)

ZAG – Antirassistische Zeitschrift bietet in Nummer 63 eine doppelseitige Schwerpunkt-Rezension des Buches von Andreas Nowak. Sie widmet sich zum Schluss den "Beschneidungsgegner_innen" und fragt: "Was erhoffen sie sich durch die Abwertung anderer für sich selbst und welche Angebote machen sie an die Dominierenden und die Dominierten. Letztlich bleibt die Frage – und das ist die Gefahr – wie ihre Argumente in den dominanten Diskurs eingespeist werden und sich mit diesem amalgamieren, so dass diese Debatte womöglich nicht nur ein Sommertheater war, sondern eine tiefer greifende Veränderung der Diskurse und der Machtverteilung zuungunsten emanzipativer Kräfte bedeutet." Das Heft kann hier bestellt werden.

Antke Engel hat in der Zeitschrift "femina politica" einen sehr lesenswerten Beitrag zur deutschen Debatte um die Vorhautbeschneidung verfasst. Im Beitrag geht Engel auch deutlich auf das Buch "Interventionen gegen die deutsche 'Beschneidungsdebatte'" ein - dazu ein kurzer Ausschnitt: "Hinsichtlich der Frage, wie die rassistischen Prämissen und Implikationen der bisherigen Beschneidungsdebatte mit Vorstellungen normativer Heterosexualität und rigider Zweigeschlechtlichkeit verknüpft sind, haben Zülfukar Çetin, Heinz-Jürgen Voß und Salih Alexander Wolter mit ihrem Band ‹Interventionen gegen die deutsche Beschneidungsdebatte› (2012) bereits verschiedene interessante Vorschläge präsentiert. [...] Neben einer Analyse der in der Debatte wirksamen rassistischen Subjekt- und Gesellschaftsideale und der Macht- und Herrschaftsinteressen beteiligter Subjekte liefert der Band auch pointierte geschlechterpolitische Verweise" Die Zeitschrift kann hier bestellt werden.

Auf Die Freiheitsliebe - Freihheit und Frieden heißt es unter anderem zum Buch: "Das Buch ist eine wichtige Intervention in eine Debatte, die auch in fortschrittlichen Kreisen zu viel Verwirrung führte und bewusst oder auch unbewusst auch bei einigen fortschrittlichen ZeitgenössInnen rassistisches Gedankengut offenbarte. Die Intervention ist auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Debatte noch sehr lesenswert, da sie viel darüber verrät wie Diskussionen in der Gesellschaft geführt werden und wie Medizin als Argument missbraucht wird."

Das Buch "Interventionen gegen die deutsche "Beschneidungsdebatte"" wurde im Dezember 2012 im Berliner Allmende e.V. - Haus alternativer Migrationspolitik und Kultur vorgestellt. Es ergaben sich dort gute Diskussionen. Der Beitrag "Eine Tradition im Fokus" auf der Plattform Mulimische Stimmen - Unabhängiges Projekt für Pluralismus und Austausch gibt nun einen guten Bericht von der Diskussionsveranstaltung, der hier nachzulesen ist.

In ihrer ausführlichen Besprechung in der Freiburger Zeitschrift für Geschlechterstudien, Ausgabe vom Herbst 2013, schreibt Lisa Krall u. a.: "Çetin und Wolter kritisieren im Sinne der Dialektik der Aufklärung, dass Integration in der deutschen Beschneidungsdebatte als Möglichkeit dazu verstanden wird, sich den christlichen Traditionen anzupassen und die eigenen 'Defizite' ablegen zu können. […] Voß kann […] zeigen, dass die Darstellungen der Zirkumzision als schwerwiegend, folgenreich oder traumatisierend nicht gerechtfertigt sind, und vermutet, dass das gesundheitliche Wohlempfinden der Beschnittenen viel mehr von den kulturellen Erwartungen und der Akzeptanz der Gesellschaft abhänge, als von den Eingriffen. […] Die Autor_innen legen insgesamt eine umfassende und tiefgehende Analyse der geführten Diskussion vor […] und ermöglichen so einen kritischen Überblick über alarmierende Positionen und Argumentationen. Bleibt zu hoffen, dass die Publikation des Buches weiterhin auf großes Interesse stößt und sich im Sinne der Autor_innen eine kritische und reflektierte Diskussion über die Fachkreise hinaus etabliert." Das Heft kann hier bestellt werden