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Die Sendung "Gender: Weg vom Schwarz-Weiß-Denken" ist jetzt auch in der Mediathek verfügbar. Sie beleuchtet Gender Studies und konkrete Auswirkungen zweigeschlechtlichen Sexismus'.

Die Sendung von "Planet Wissen" (von WDR, SWR und ARDalpha) "Gender: Weg vom Schwarz-Weiß-Denken" ist jetzt auch in der Mediathek verfügbar. Die Sendung ist sicherlich für einige Themen sehr erhellend. Das gilt sowohl im Hinblick auf Gender Studies, konkrete Auswirkungen zweigeschlechtlichen Sexismus', aber auch hinsichtlich zugespitzter gesellschaftlicher Debatten im Themenfeld. Sehr gut durch die Sendung führten die Moderator*innen Caro Matzko und Rainer Maria Jilg.

Der Ankündigungstext des Senders: Gender bezeichnet das soziale Geschlecht: Was wird in einer Gesellschaft als „männlich“, was als „weiblich“ gesehen und welche Eigenschaften gelten als typisch für Männer oder als typisch für Frauen? Das soziale Geschlecht ist noch viel mehr als das biologische Geschlecht sehr vielfältig und lässt sich wissenschaftlich nicht in nur zwei Kategorien einteilen. Beim Thema Gender, also beim sozialen Geschlecht, machen die „Schubladen“ hier Mann, da Frau nur wenig bzw. gar keinen Sinn. Und trotzdem wird unser Alltag von dieser Zweiteilung sehr stark bestimmt. Planet Wissen fragt deshalb, warum es so schwerfällt, nicht nur von der Zweiteilung „Mann / Frau“ wegzukommen, sondern auch die tatsächlich vorhandene Vielfalt zu akzeptieren. Gäste im Studio: Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky, Ludwig-Maximilians-Universität München; Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß, Hochschule Merseburg.

Link zur Sendung.

Video und Audio online zugänglich zu machen. Entsprechend starte ich einen Youtube-Channel. Er wird gewiss nicht zu experimentell, sondern einer wissenschaftlichen Perspektive gemäß eher erläuternd.

Durch die Vorbereitung digitaler Lehre und Überlegungen zu Möglichkeiten Virtueller Realität (z.B. über VR-Brillen) in der Beratungspraxis, der Sexualpädagogik und der Sexualwissenschaft liegt es nahe, mehr als bisher auch eigene Inhalte über Video und Audio online zugänglich zu machen. Entsprechend starte ich einen Youtube-Channel. Er wird gewiss nicht zu experimentell, sondern einer wissenschaftlichen Perspektive gemäß eher erläuternd. Ich werde Bücher erläutern, die mit meiner Beteiligung entstanden sind, außerdem werde ich Bücher und Filme vorstellen oder rezensieren. Darüber hinaus stehen verschiedene Fragen aus Sexualwissenschaft und Sexueller Bildung sowie der Geschlechterforschung im Fokus. Die Videos sollen dabei in der Regel nicht länger als 5 bis 10 Minuten sein, und sie sollen Interesse wecken. Beginnen werde ich, um mich einzugrooven, mit der Vorstellung einiger aktuell publizierter Bücher. Ein Video zum Band "Being Bi: Bisexualität zwischen Unsichtbarkeit und Chic" ist bereits online, weitere Videos folgen in Kürze.

Viel Spaß und einige Anregungen beim Ansehen! Und ich freue mich über Hinweise und Rückmeldungen.
Und hier kommen nun auch schon die Beiträge Nummer 2 und 3 zu "Making Sex Revisited: Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer Perspektive" und "Geschlechtliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung: Praxisorientierte Ansätze":

Sprache prägt. Wir wissen alle, wie wichtig sie ist, wenn wir – aus der Wissenschaft – über wissenschaftliche Themen mit Interessierten außerhalb der Akademie in Kontakt sind. Dann versuchen wir die Verwendung wissenschaftlicher Fachsprache auf das absolut Erforderliche zu reduzieren, erklärende Sätze einzufügen, um in breiten Austausch treten zu können – und ggf. sogar Ansätze für unsere weitergehenden Forschungen zu erhalten.

Auch wenn wir auf Handlungsfelder sehen, ist die Verwendung unterschiedlicher (Fach-)Sprache augenfällig. In der Physik und Mathematik lassen sich Sachverhalte oft am präzisesten über Formeln ausdrücken, Ingenieurskunst baut auf Berechnungen, Schalt- und Konstruktionsplänen auf. Ohne solche Pläne wäre eine wirksame Kommunikation schwer möglich, gleichzeitig sind stetig Strategien erforderlich, um die fachwissenschaftlichen Darstellungen zu übersetzen – zum Beispiel um politische Entscheidungsträger*innen für die Förderung zu gewinnen oder um Akzeptanz in der Bevölkerung für eine Neuentwicklung zu erzeugen. Soziale Arbeit ist hier nicht freier, sondern ihre Arbeit setzt konkret am Menschen an. Fachwissenschaftliche Debatten mit ihren Spezialbegriffen, die sich etwa mit der Entwicklung eines professionellen Vertrauens und seiner Abgrenzung zu vertrauensvollen familiären und Peer-to-Peer-Beziehungen befassen, sind nach außen schwer nachvollziehbar. Gleichzeitig ist die Soziale Arbeit in besonderer Weise auf die konkrete Arbeit mit Menschen – Adressat*innen, Klient*innen – gerichtet, woraus sich noch mehr als bei Ingenieur*innen die Notwendigkeit ergibt, von den jeweiligen Zielgruppen verstanden zu werden, um von Ratsuchenden überhaupt als hilfreich wahrgenommen werden zu können. Entsprechend besteht in der Gestaltung von Kommunikationsprozessen zwischen Fachlichkeit auf der einen Seite und allgemeiner Verständlichkeit auf der anderen im Feld der Sozialen Arbeit besondere Expertise.

Das gilt auch für Geschlecht. Ein Beispiel: Bei der Beratung einer trans* Person – trans* bezieht sich darauf, dass eine Person sich nicht in dem Geschlecht erlebt, das ihr bei der Geburt zugewiesen und in dem sie aufgezogen wurde – ist es wichtig, sie in dem Geschlecht wahr- und ernstzunehmen, in dem sie sich erlebt. Ihre Selbstbeschreibung ist wichtig. Soziale Arbeit, die nicht die von der trans* Person als passend erlebten Pronomen verwendet, kann von ihr in der konkreten Beratungssituation als diskriminierend wahrgenommen werden – und schließlich ihren Auftrag nicht erfüllen.

Genau und empathisch sein, ermöglicht es hier der Sozialen Arbeit erst, der ratsuchenden Person tatsächlich Unterstützung zukommen zu lassen. Und das ist auch der eigentliche Zweck geschlechterreflektierter Sprache bzw. genderreflektierter Sprache: Sie erreicht vor allem eine größere Eindeutigkeit, so dass eine Situation möglichst so beschrieben werden kann, wie sie sich abgespielt hat. Auch hier ein Beispiel, nachzulesen in der auch online verfügbaren Broschüre ÜberzeuGENDERe Sprache: Leitfaden für eine geschlechtersensible und inklusive Sprache der Universität Köln:

„Ein Vater fuhr mit seinem Sohn im Auto. Sie verunglückten. Der Vater starb an der Unfallstelle. Der Sohn wurde schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und musste operiert werden. Ein Arzt eilte in den OP, trat an den Operationstisch heran, auf dem der Junge lag, wurde kreidebleich und sagte: ‚Ich bin nicht im Stande zu operieren. Dies ist mein Sohn.‘“ (Universität Köln 2013)

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Sehr gern weise ich auf weitere Buchrezensionen hin, die ich in den vergangenen Wochen veröffentlicht habe:

(1)
"Geschlecht im flexibilisierten Kapitalismus? Potenziale von Geschlechter- und Gesellschaftstheorien"
von Ilse Lenz, Sabine Evertz und Saida Ressel (Hg.)
Auf: socialnet, 15.3.2018 (Online).

(2)
"Antisexistische Awareness. Ein Handbuch"
von Ann Wiesental
Auf: socialnet, 13.3.2018 (Online).

(3)
"Varianten der Sexualität. Studien in Ost- und Westdeutschland"
von Kurt Starke
Auf: socialnet, 13.3.2018 (Online).

(4)
"Widersprüche des Medizinischen. Eine wissenssoziologische Studie zu Konzepten der 'Transsexualität'"
von Katharina Jacke
Auf: socialnet, 7.3.2018 (Online).

(5)
"Politiken in Bewegung. Die Emanzipation Homosexueller im 20. Jahrhundert"
von Andreas Pretzel, Volker Weiß (Hg.)
Auf: socialnet, 26.2.2018 (Online).

(6)
"Expert_innen des Geschlechts? Zum Wissen über Inter*- und Trans*-Themen"
von Kim Scheunemann
Auf: socialnet, 7.2.2018 (Online).

Heinz-Jürgen Voß

Anlässlich des Aktionstages #4genderstudies gegen die derzeitigen Angriffe auf bzw. Abwertungen von Gender Studies mache ich den folgenden Aufsatz "Angriffe, Gegenwehr und die nötige Debatte über Diskussionskultur" online zugänglich. Er wurde zuerst im Jahr 2015 im Magazin der Hochschule Merseburg veröffentlicht, um für eine wertschätzende Diskussionskultur zu werben.

 

Angriffe, Gegenwehr und die nötige Debatte über Diskussionskultur

Ausgangspunkt: Rechte Angriffe auf Geschlechterforschung und Sexualpädagogik

In den vergangenen Wochen und Monaten waren Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen, die sich mit Fragen der Geschlechterforschung und der Sexualpädagogik befassen, teils massiven verhöhnenden und beleidigenden Attacken ausgesetzt. Diese kamen aus einem rechtskonservativen und rechtspopulistischen Umfeld. So handelt es sich etwa bei der Gruppe von Menschen, die sich in den vergangenen Monaten als „besorgte Eltern“ hervortaten und die Demonstrationen gegen eine emanzipatorische, Vielfalt akzeptierende Sexualpädagogik organisierten, eher um besorgniserregende Eltern.[1] Sie riefen u. a. gemeinsam mit dem rechtspopulistischen Magazin Compact (!) zu ihren Aktionen auf. Über Verstrickungen dieser besorgniserregenden Eltern in Kreise, die extrem rechte Positionen äußern, den Holocaust leugnen und die körperliche Züchtigung von Kindern fordern, klärte die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Lotta – Antifaschistische Zeitung aus NRW, Rheinland-Pfalz und Hessen auf. [2]

Erinnern wir uns aber weiter, woher zentral die aktuellen Angriffe gegen Sexualpädagogik und Geschlechterforschung kamen: Da gab Karla Etschenberg der extrem rechten Zeitung Junge Freiheit ein Interview, in der auch Martin Voigt schreibt. Dieser publizierte ebenso in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Auch in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen Beiträge zum Thema, dort im von Volker Zastrow verantworteten Ressort „Politik“. Zastrow hat sich selbst mit einem Buch 2006 deutlich insgesamt gegen die Gleichstellung von Frauen und Männern und gegen Geschlechterforschung gewandt. [3]

Andrea Diener hielt in einem ebenfalls in der FAZ erschienen, aber lesenswerten Beitrag bzgl. der Verursacher von Hass-Attacken fest – explizit mit Blick auf Angriffe, die sich im Internet gegen Journalist*innen richteten: Weiterlesen » » » »

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Gern möchte ich auf den aktuellen Call "Geschlechtersensibler & diskriminierungsarmer Sprachgebrauch" der begutachteten Zeitschrift "Gender Glossar" hinweisen. Ziel des Gender Glossars ist es, ein leicht zu bedienendes Online-Nachschlagewerk aufzubauen, ohne dabei akademische Verlässlichkeit einzubüßen. Einreichungen sind herzlich willkommen - fragen Sie gern auch andere Stichworte an:

Aktueller Call Geschlechtersensibler & diskriminierungsarmer Sprachgebrauch:
http://gender-glossar.de/images/dokumente/CfP_Sprache_2016.pdf

Dauerhafter und offener Call:
http://gender-glossar.de/images/dokumente/CfP_dauerhafter_offener_call_2016.pdf

Die folgende Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungswoche des „Bündnis gegen Rechts“ gegen den Neonazi-Aufmarsch am 18. Juni. In der Veranstaltungswoche wird für Toleranz und Akzeptanz geworben und werden rechte Entwicklungen kritisch diskutiert. Mehr Informationen auf: https://merseburggegenrechts.wordpress.com .

Attacke von Rechts – Wie reagiert die Wissenschaft?
# Zeit: Dienstag, 14. Juni 2016, 15:00 bis 17:00 Uhr
# Ort: Hochschule Merseburg, Gartenhaus (Eberhard-Leibnitz-Str. 2, Merseburg)
# Referent_innen: Andreas Kemper, Heinz-Jürgen Voß, Jennifer Stange

Seit einigen Jahren werden Wissenschaften in immer stärkerem Maße von rechtspopulistischen und rechtsextremen Zusammenhängen angegriffen. In der Kritik stehen gerade Erkenntnisse, die sich nicht auf dem ersten Blick dem Alltagsverständnis erschließen. Könnte man davon ausgehen, dass es gerade der Zweck wissenschaftlichen Arbeitens ist, Neues zu schaffen, so steht dieses Selbstverständnis aktuell in Frage. Wie reagiert die Wissenschaft?

Am 14. Juni wird diese Frage an der Hochschule Merseburg diskutiert. Nach drei kurzweiligen Impulsen wird gemeinsam mit dem Publikum diskutiert. In dem eröffnenden Vortrag „Pegida, Neue Rechte und AfD“ zeigt der Soziologe Andreas Kemper, wie sich seit der Sarrazin-Debatte eine neurechte Bewegung in Deutschland formiert hat, die gerade im Osten Deutschlands auch parteiförmig auftritt. Andreas Kemper beobachtet diese Bewegung und untersucht, wie neoliberale, christlich-fundamentalistische und faschistische Ideologien der Ungleichheit ineinandergreifen. Er gibt Anregungen, wie Wissenschaft reagieren könnte.

Im Anschluss daran erläutert der Merseburger Sexualwissenschaftler Heinz-Jürgen Voß die Angriffe, denen zuletzt die Geschlechterforschung und die auf Toleranz gegenüber sexueller Selbstbestimmung zielende Sexualpädagogik ausgesetzt waren. Die Attacken gingen bis hin zu Diffamierungen gegen einzelne Wissenschaftler_innen. Heinz-Jürgen Voß erläutert die Gegenstrategien, die von den Wissenschaftler_innen ergriffen wurden und er weist selbstkritisch darauf hin, dass es für Wissenschaft nötig ist, stets und möglichst verständlich zu erläutern, was sie denn tut.

In dem abschließenden Input regt die Leipziger Journalistin Jennifer Stange auch zu einem selbstkritischen Blick an. Auch die Geschlechterforschung und Sexualpädagogik müssten sich kritisch befragen lassen. Gleichzeitig stelle sich die Frage, ob denn die Wissenschaft gerade genug gegen rechte Entwicklungen tut. Wie kann Wissenschaft reagieren, fragt auch sie.

Die knappen Impulse, die jeweils auf 20 Minuten begrenzt sind, eröffnen die Diskussion mit dem Publikum. Heinz-Jürgen Voß geht dabei in die Position der Moderation, während Andreas Kemper und Jennifer Stange kritisch mit dem Publikum diskutieren.

Alle Interessierten sind zu der Veranstaltung herzlich eingeladen. Der Eintritt ist kostenlos.

Im Talheimer Verlag gibt es die schöne Reihe nut e.V., in der seit Beginn der 1990er Jahre eine ganze Zahl sehr guter Arbeiten zu feministischen Perspektiven in Naturwissenschaft und Technik erschienen sind. Nun sind alle Bände wieder erhältlich - und sehr zu empfehlen! Hier gibt es eine Übersicht über die Bände. Darunter sind unter anderem und für die Themen dieses Blogs besonders interessant:

Band 09: Die Fortpflanzung der Geschlechterverhältnisse: Das metaphorische Feld der Parthenogenese in der Evolutionsbiologie

  • von Kirsten Smilla Ebeling
  • 368 Seiten, br., 19,50 €
  • aus dem Vorwort: "Die vorliegende Arbeit ist einem Thema der biologischen Forschung gewidmet, das erst auf den zweiten Blick seine Brisanz und Aktualität offenbart. ‚Parthenogenese‘, wörtlich übersetzt ‚Jungferngeburt‘, ist ein Spezialbegriff der Zoologie. Er kennzeichnet eine Fortpflanzungsart, die in den Lehrbüchern der Biologie als Sonderform, als Randphänomen der ‚normalen‘ und evolutionsbiologisch angeblich ‚vorteilhafteren‘ zweigeschlechtlichen Fortpflanzung erscheint. In ihrer Arbeit zeigt Smilla Ebeling, dass diese ‚Randposition‘ der Parthenogenese weniger ihrem seltenen Vorkommen – das bei genauerem Hinsehen aber gar nicht so marginal ist –, als vielmehr der Überlagerung biologischer Diskurse mit den durch ein zweigeschlechtliches Gender-Dispositiv hervorgerufenen Stereotypen und Denkbildern geschuldet ist."
  • Link zum Buch beim Verlag

Band 11: Das Geschlecht der Biologie

  • hg. von Bärbel Mauß, Barbara Petersen
  • 144 Seiten, br., 15.00 €
  • Aus der Beschreibung: "Im Mittelpunkt des vorliegenden Sammelbandes stehen drei zentrale Fragenfelder der feministischen Biologieforschung: Wie strukturiert die Kategorie Geschlecht biologische Forschung? Wie entwirft die Biologie als Wissenschaft die Kategorie Geschlecht? Wie ist das Verhältnis zwischen Biologie und der Kategorie Geschlecht? Auf diese Fragen geben Fachwissenschaftlerinnen in der Tradition der deutschsprachigen feministischen Auseinandersetzung mit Naturwissenschaften, Technik und Medizin Antworten. ..."
  • Link zum Band beim Verlag

Band 12: Naturwissenschaften und Gender in der Hochschule - Aktuelle Forschung und erfolgreiche Umsetzung in der Lehre

  • hg. von Helene Götschel, Doris Niemeyer
  • 192 Seiten, br., 20,00 €
  • Aus der Beschreibung: "Hochschule und Wissenschaft sind, wie alle gesellschaftlichen Institutionen und Bereiche, tiefgreifend durch das (soziale) Geschlecht – oder Gender – strukturiert. Frauenforschung und Geschlechter- oder Genderforschung, also Forschung mit Reflexion auf Gender, untersuchen die Konstruktionen dieser Strukturen, vor allem die soziokulturellen Konstruktionen von Weiblichkeit und Männlichkeit sowie ihres Verhältnisses zueinander. Die Analysen verweisen meist auf strukturelle Ungleichheitslagen, auf historisch und kulturell determinierte Herrschaftsformen, auf hierarchische Geschlechterverhältnisse in Hochschulen und Gesellschaft wie auch auf androzentrische Wissenschaftskonzepte. Diese Ungleichheitslagen reproduzieren sich zudem aufgrund der herrschenden Strukturen. Somit ist das Forschungsinteresse der Geschlechterforschung oft mit dem Impuls zu Veränderungen verbunden und hat gesellschaftlich, hochschulpolitisch und wissenschaftlich relevante Innovationen zur Folge." (Doris Niemeyer)
  • Link zum Band beim Verlag

Hier finden sich weitere Literatur- und Videoempfehlungen zu Geschlecht und Biologie.

Der Beitrag "Gender-Ideologie in Deutschland" wendet sich von Louis Althusser kommend dem Begriff der "Ideologie" zu, spezifisch zugespitzt auf Geschlecht.

"„Es ist nur allzu bekannt, dass der Vorwurf, man befinde sich in der Ideologie, immer nur den anderen gegenüber gemacht wird, nie sich selbst gegenüber“, schrieb der Philosoph Louis Althusser in seinem Essay Ideologie und ideologische Staatsapparate (1970, dt. 1971, online unter www.b-books.de/texteprojekte/althusser/index.html). Es „glauben sich (gerade) diejenigen, die sich in der Ideologie befinden, (…) außerhalb der Ideologie“. Erst ein wissenschaftlicher Zugang ermögliche es partiell, einen Blick von außen auf Ideologie zu gewinnen. Wobei auch dieser Blick beschränkt sein kann (und oft beschränkt sein wird), weil Ideologie auch Wissenschaften durchzieht.

Althusser wirft einen kritischen Blick auf die unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereiche, in denen Ideologie – die er als unhinterfragtes Tun versteht – die primäre Form darstelle, die Menschen zu regieren, während repressive Formen sekundär blieben. So „‚dressieren‘ die Schule und die Kirchen (zwar repressiv) mit den entsprechenden Methoden der Strafe, des Ausschlusses, der Auswahl usw.“, werden die Kinder dort aber im Wesentlichen nicht-repressiv in die ideologische Struktur der Gesellschaft eingebunden. Sie werden in Schule, Kirchen etcetera zu Subjekten geformt und mittels Ideologie regierbar gemacht. ..." Weiter beim Tagesspiegel

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Nach einem Beschluss des Senats der Universität Magdeburg vom 8. Oktober 2014 soll die Professur „Geschichte der Neuzeit und Geschlechterforschung“ nach dem Ausscheiden der aktuellen Lehrstuhlinhaberin nicht wieder neu besetzt werden. Das ist auch deswegen problematisch, weil es die einzige Professur mit klarer Denomination für Geschlechterforschung ist, nicht nur an der Universität Magdeburg, sondern an allen Universitäten und Fachhochschulen des Landes, und weil sie mit verschiedenen Programmen sowohl in der historischen Forschung als auch zu aktuellen Fragen – etwa der Chancengleichheit im MINT[1]-Bereich – an der Hochschule den Takt angibt.

Gerade an der Universität Magdeburg scheint eine dauerhaft institutionalisierte Geschlechterforschung unerlässlich zu sein, da der Anteil von Frauen an den Professuren im bundesweiten Vergleich mit nur 12 Prozent sehr gering ist (Jahr 2007; Quelle, S.6). In der Bundesrepublik Deutschland lag der Anteil der Professorinnen zuletzt immerhin bei 20 Prozent (Jahr 2012), wobei der Frauenanteil unter den am höchsten dotierten Professuren geringer ist (15 Prozent). Im internationalen Vergleich steht Deutschland zurück: Finnland wartet mit 24 Prozent Frauenanteil auf, die Schweiz mit 26 Prozent und die Türkei mit 28 Prozent (Quelle; und: Borchers 2013: u.a. S.375 [2]).

International hat die Bundesrepublik Deutschland Nachholbedarf. Gerade den Standort Sachsen-Anhalt und die Universität Magdeburg für Frauen attraktiv zu machen und so tatsächlich um die ‚die besten Köpfe konkurrieren‘ zu können, erfordert einiges Tun. Weiterlesen » » » »